: Heillos zerstritten
■ Gewerkschaften streiten um Klöckner-Beteiligung
Wenige Tage vor der Entscheidung des Klöckner-Aufsichtsrates in Duisburg über die Zukunft der Bremer Hütte sind die Bremer Gewerkschaften wegen der Beteiligung der Stadtwerke am Interessentenmodell heillos zerstritten. Auslöser für die heftigen Auseinandersetzungen ist ein Flugblatt der DAG- Betriebsgruppe in den Stadtwerken. Darin heißt es wörtlich: „Wir wollen uns nicht an Klöckner beteiligen! Stahlkochen ist nicht unser Geschäft!“
Dieter Reinken von der Industriegewerkschaft Metall (IGM) hält das Flugblatt „für eine Sauerei.“ Es sei „effekthascherisch aufgemacht“, die DAG gehe „mit den Ängsten der Arbeitnehmer auf Stimmenfang für die Kammerwahl“. Die Bremer DGB-Chefin Helga Ziegert wirft der DAG vor, sie rede „die Krise für Klöckner herbei“, und auch ÖTVler Jan Kahmann erklärte: „Ich hätte das so nicht herausgegeben. Das Flugblatt setzt die falschen Signale.“
Was die GewerkschafterInnen so aufregt, ist der ironische Unterton des Flugblattes, „der eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Problem vermissen läßt“ (Ziegert). U.a. heißt es da: „Endlich ein neues Geschäftsfeld! Die Stadtwerke erzeugen demnächst Stahl.“ „Wer so lapidar ankündigt, er wolle die Hütte mal eben über den Deister gehen lassen, dem steht zurecht Ärger ins Haus“, meint die DGB-Chefin.
Karla Hense-Brosig, Betriebsgruppen-Vorsitzende der DAG bei den Stadtwerken, versteht den Ärger nicht: „Wir haben praktisch nur das wiederholt, was auch der Gesamtbetriebsrat der Stadtwerke bereits veröffentlicht hat, allerdings ohne Schönrederei.“ Der ist mehrheitlich mit ÖTV-VertreterInnen besetzt und hatte bereits Ende Oktober formuliert: „Eine direkte Beteiligung der Stadtwerke Bremen AG an Klöckner lehnen wir ... ab. Sie könnte der Anfang vom Ende (der Stadtwerke, d. Red.) sein.“
So deutlich hat man das aber in der ÖTV-Zentrale in Bremen nicht vernommen. „Wir sind an einer Lösung interessiert, die allen hilft“, erklärte ÖTVler Jan Kahmann, der einer 50-Mio-Beteiligung der Stadtwerke unterstützt, wenn die Hütte eine Chance am Markt hat. Das habe derzeit aber mehr mit „Glaube und Hoffnung“ zu tun, die „wir als Gewerkschaft positiv begleiten wollen“.
DAG-Chef Hartmut Frensel sieht in der Empörung vor allem des DGB und der IGM eine gezielte Kampagne gegen sein Haus. „Da wird ein Sündenbock ausgeguckt für den Fall, daß das am Donnerstag im Aufsichtsrat bei Klöckner nichts wird.“ Die DAG Betriebsgruppe habe nicht für die DAG insgesamt gesprochen. Die DAG selbst werde sich erst dann zu einer Beteiligung der Stadtwerke äußern, wenn Gutachten über die Wirtschaftlichkeit der Hütte und über das unternehmerische Risiko für die Stadtwerke vorliegen.
Dieter Reinken erklärte dagegen, Frensel wolle sich „mit dieser Version aus der Affäre lügen“. Derzeit müsse man „alles unterlassen, was in Richtung Ruhrgebiet Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Bremer Angebotes“ aufkommen lassen könnte. mad
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