Türkische Armee will Kursunlu zerstören

■ Ultimatum für die EinwohnerInnen des kurdischen Dorfes läuft heute ab

Berlin (taz) – Das Ende von Kursunlu hat die türkische Armee auf heute vormittag, 7 Uhr angesetzt. Dann will sie die 150 Häuser des Dorfes in Türkisch-Kurdistan mit Bomben dem Erdboden gleichmachen. Egal, ob die rund 1.000 EinwohnerInnen geflohen sind, wie die Behörden am Wochenende von ihnen verlangt haben, oder nicht. Das teilte Angelika Beer vom Bundesvorstand von „Bündnis 90/Die Grünen“ mit.

Der deutsche Fernsehjournalist Michael Enger hielt sich gestern in dem rund 80 Kilometer nördlich von Diyarbakir gelegenen Dorf auf. Er berichtete der Grünen- Politikerin, daß es bereits vor drei Tagen militärische Angriffe auf Kursunlu gegeben habe, bei denen eine Frau verletzt und sieben Häuser zerstört worden seien. Nach Berichten von EinwohnerInnen habe das Militär dabei auch deutsche Waffen – darunter BTR-60- Panzer – benutzt.

Abdullah Koç vom „Menschenrechtsverein“ (IHD) in Diyarbakir erklärte der taz, die Behörden hätten versucht, die Einwohner von Kursunlu zu „Dorfschützern“ zu machen. Als die sich weigerten, sei es zu dem Ultimatum gekommen, das, wie in solchen Fällen üblich, damit begründet worden sei, daß Kursunlu die bewaffnete PKK unterstütze.

Laut Koç waren die EinwohnerInnen Kursunlus gestern dabei, ihre Habseligkeiten zu packen. Allerdings gebe es auch Menschen, die bleiben wollten. In dem schmutzigen Krieg in Türkisch- Kurdistan sind bereits Hunderte von Dörfern vom Militär zerstört worden. Koç rief dazu auf, in Ankara zu protestieren. Grünen-Politikerin Beer forderte Bonn auf, dem „drohenden Exodus nicht schweigend zuzusehen“.

In Kursunlu selbst versuchte der Dorfvorsteher, das angekündigte Bombardement mit einem Appell zu verhindern. „Man will uns verjagen“, sagte er, „unsere Häuser zerstören und unsere Existenz vernichten. Wir rufen die Menschen hier und im Ausland auf: Helft uns!“ Dorothea Hahn