: Peripherie als Entsorgungsregion
■ Stadtforum: Außenbezirke und Umlandgemeinden kritisieren die „zentralistische Entwicklung“ der Hauptstadt
Aus Sicht der Berliner Außenbezirke versagt die Strategie des Senats zur räumlichen Entwicklung der nahen Region. Das Zentrum, sagte Spandaus Baustadtrat Klaus Jungclaus auf der 34. Runde des Stadtforums zum Thema „Stadtentwicklung der Peripherie“, picke sich die ökonomisch gewinnträchtigen Rosinen aus dem Ansiedlungskuchen. Der Ausbau etwa des Alexanderplatzes mit über einer Million Quadratmeter Bürofläche oder die Konzentration von Verwaltungseinrichtungen in der Stadtmitte förderten diese „zentralistische“ Entwicklung innerhalb des S-Bahnrings. Die Randbezirke, so Jungclaus, gingen in Zeiten finanzieller Not leer aus oder blieben unattraktive „Müllstandorte“ mit einem „Überangebot an Wohnbaupotentialen“. Bei den Planungen des Senats müßten neue Prioritäten zur Umverteilung gesetzt werden, um „soziale und bauliche Verwerfungen zu verhindern“. Im Nordosten, ergänzte Jörg Richter, Bürgermeister in Pankow, gingen Planung und Realität „zum Teil völlig aneinander vorbei“. Das vorgesehene Recycling-Zentrum sei nach wie vor zu groß dimensioniert, außerdem mangele es an einem vernünftigen Erschließungskonzept für den Verkehr. Zugleich stecke das im Flächennutzungsplan (FNP) anvisierte Verhältnis zwischen den großen geplanten Siedlungen und den Freiraumgestaltungen voller Widersprüche. Richter: „Pankow ist nicht der Ort für große Entwicklungspotentiale im Wohnungsbau.“ Es bestünde die Gefahr, daß die Außenbezirke zur „Entsorgungsregion“ würden. Schützenhilfe erhielten die Randbezirke im Stadtforum von der brandenburgischen Landesregierung, die den drohenden Eigenheimbrei und gewerblichen Flächenfraß „minderer Qualität“ mit Sorge betrachtet. Der Bau von 200.000 bis 400.000 zusätzlichen Wohnungen sowie die Standortentwicklung von Handel und Gewerbe an der Peripherie Berlins bis zum Jahr 2010, erinnerte Hans-Joachim Mader vom Ministerium für Raumordnung in Potsdam, sollten deshalb nach den Prinzipien der Innenverdichtung und dezentralen Konzentration verteilt werden. Umgekehrt, widersprach Stadtentwicklungssenator Hassemer, müßten sich die Umlandgemeinden davon verabschieden „undiszipliniert“ Flächen für Gewerbestandorte auszuweisen, die die Freiräume zerstörten. Es komme darauf an, in ausgesuchten Vorranggebieten Gewerbe und Wohnen in Kombination mit der Grünplanung zu entwickeln.
Eine Korrektur der bisherigen Entwicklungsstrategien im Wohnungsbau an der nordöstlichen Peripherie unterstützte auch Friedemann Kunst, Planer in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Nicht die „quantitativen Dimensionen“ für Buch, Karow und Blankenburg sollten in Frage gestellt werden, sagte er, sondern die „Modalitäten des Programms“. Die Realisierung „muß abhängig gemacht werden von der Entwicklungsdynamik“ des Nordostraums zwischen Pankow und Bernau, der „doch eher im Windschatten der Wirtschaftsentwicklung“ liegt. Deshalb sollte die Planung „in Phasen“ und „zeitlich gestreckt“ erfolgen. Zugleich müsse auf die Balance zwischen Siedlungsbestand und Neubau geachtet werden. Im Gegensatz zur den „Vorstadt“-Plänen Nagels sieht Kunst die neuen Quartiere über einen Zeitraum von 25 bis 30 Jahren wachsen. In Karow und Buch, sagte Kunst, sei es notwendig, „auf die zeitliche Bremse“ zu treten“. Rolf Lautenschläger
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