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Inkriminierbare Körperteile, Teil 2

„Ihr Ärsche habt auch noch die Stirn, eine ,Titanic‘-Anzeige abzudrucken, in der eine Politikerin auf zwei Brüste reduziert ist“, schrieb Frau Sabine M. aus Bad Ems. In diesem Satz der empörten Leserin werden gleich drei (oder mehr) Körperteile inkriminiert. Nachdem die erste Folge unserer Serie das Hinterteil behandelte (taz vom 4.11.), wenden wir uns heute der Stirn zu. Wohl kein Körperteil ist so subtilen Gemeinheiten ausgesetzt wie die Stirn.

Will Leserin M. etwa andeuten, daß Menschen ohne Stirn die Anzeige politisch korrekt abgelehnt hätten? Aber es gibt noch schlimmere Beleidigungen: Glatzköpfe hätten eine „hohe Stirn“, so spotten behaarte Sektierer ständig. Des weiteren wird die Stirn oft in den Schimpfworten „engstirnig“ und „stirnhagelvoll“ mißbraucht. Mein Jugendfreund Sebastian bezeichnete mich früher gerne als „stirnloses Hinktier“, oder so ähnlich. Und Franz Josef Straußens Feinde behaupteten von ihm, daß er einen Stirnacken hatte. Dabei fehlte ihm lediglich der Hals. Doch damit nicht genug: Das „Bertelsmann Volkslexikon“ bezichtigt gar den Philosophen Max Stirner (1806–1856), eine „Theorie des konsequenten Egoismus“ entwickelt zu haben. Bleibt schließlich noch das Stirnrunzeln zu erwähnen, das allgemein als schweigende Mißbilligung gilt.

Warum immer die Stirn, warum nicht – sagen wir mal – die Kniekehle? Doch die kommt stets ungeschoren davon. Oder haben Sie schon mal irgendwo gelesen, daß der engkniekehlige Egoist Max Kniekehler die Kniekehle runzelte? Na also. Foto: Schulz/Paparazzi

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