: Unterm Strich
In Gotha hat man sich was ausgedacht: „Ohne Moos nix los“ ist der famose Titel der „Karikade 93“, die das Thema „Geld und Macht in Deutschland“ aus zeichnerischer Sicht behandelt. Den „Goldenen Gothaer“ erhielt in diesem Jahr Rainer Schwalme aus Berlin für seine Karikatur „Wir sind wieder wer“. Sie zeigt – wetten, daß sie da nicht umhin können, tüchtig zu schmunzeln – „einen muffig blickenden Gartenzwerg mit Blauhelm und Tarnanzug“, wie dpa kongenial vermeldet. Schwalme erhielt den Preis aus der Hand von Thüringens Ministerpräsident Vogel, der anschließend allerdings „den Spott des Kabarettisten Dieter Hildebrandt zu Protokollfragen, Ost-West- Problemen und der Bundespolitik zu ertragen hatte. Jeder müsse verhindern, sich schon zu Lebzeiten von der eigenen Karikatur einholen zu lassen, doch manchem Politiker hinge die Karikatur schon am Rockzipfel.“ Gut gegeben, Hildebrandt! Solange wir über derart scharfzüngige Männer des Wortes und ebensolche der Feder verfügen, muß uns um unsere politische Kultur nicht bange sein ...
Auch in Paris hat man sich schwer was einfallen lassen: Der Louvre heißt jetzt nicht mehr Louvre, sondern „Großer Louvre“. Diesen „stolzen Namen“ (dpa) rechtfertigt vor allem die Tatsache, daß der einstige Königspalast, der während der Französischen Revolution – pardon, der Grande Revolution – zum Museum wurde, nach dem Auszug des Finanzministeriums jetzt „völlig zum Reich der Kunst“ (dpa) geworden ist. So was wird dann immer gerne in Zahlen ausgedrückt: 4 Ebenen gibt es jetzt, 163 neue Säle und drei mit Glas überdachte „riesige Höfe“ (dpa), 12.000 Werke werden auf den 21.500 zusätzlichen Quadratmetern gezeigt, etwa ein Viertel davon zum ersten Male. 30 Tonnen schwer und 4 Meter hoch sind die geflügelten Stier-Kolosse mit menschlichen Zügen, „Zeugen der 1843 vom französischen Konsul in Mosul bei Ausgrabungen entdeckten assyrischen Kunst“. 1997 erst sollen alle Umgruppierungen, Neugestaltungen etc. am Großen Louvre abgeschlossen sein. Wird dann gekostet haben: 2.000.000.000 Mark.
Rummel um Biermann und kein Ende – vor allem nicht, seit bekanntwurde, daß Mielke die Ausbürgerung des Bänkelsängers (oder handelt es sich um einen „Protestbarden“?) schon 1971 empfohlen hat: Die Kundgebung vor des Liedermachers (oder ist es ein „Reimeschmied“?) ehemaliger Wohnung, auf die gestern vorausschauend hingewiesen wurde, hat mittlerweile stattgefunden. Die Teilnehmer forderten vom Berliner Senat ein „starkes und phantasievolles Engagement für die aus dem SED-Staat vertriebenen Bürgerrechtler und Künstler“. Ein Biermann am alten Platze könnte dafür sorgen, „in unserem Volk ein ausgeprägtes Gefühl für die Notwendigkeit der Aufarbeitung der DDR und die Rolle des Widerstands darin entstehen zu lassen“, verlautbarte Christian
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