: Früher war Rotation angesagt
■ betr.: „Europa, diesmal geht es um etwas“, taz vom 15.11.93
[...] Das von Euch als „fast einstimmig verabschiedet“ deklarierte Programm (49 Seiten) hatten eine große Zahl von Delegierten und die Mitglieder an der Basis weder gelesen noch diskutiert, was in drei Wochen ohnehin nicht machbar war. (Basisdemokratie!) Ein großer Teil der Delegierten war bei der Endabstimmung gar nicht mehr anwesend. Wie kann man das „Werk“ dann als Konsens darstellen? Ich gehe auch davon aus, daß die Versammlung bei der ersten Abstimmung, in der der Programmvorschlag als Grundlage für die weitere Diskussion angenommen wurde, noch nicht beschlußfähig war.
Der von Euch so hoch gejubelte Dany Cohn-Bendit – Euer Medienspektakel– wurde erst nach einer massiven Macho-Mauschelei von Fischer u.a. gewählt (wir wählen Euren Graefe zu Baringdorf, ihr wählt unseren Dany).
Sämtliche PostenbesetzerInnen aus dem EP (Wessis) haben sich so nach vorn gedrängelt, daß für eine zweite Ostfrau und eine/n Immigranten/In auf den ersten zehn Plätzen keine Kandidatur mehr blieb. Früher war mal Rotation angesagt. Es wäre sicherlich kein Fehler gewesen, wenn die erfahrenen Leute mal aus der zweiten Reihe die Neuen unterstützt hätten. Mann/Frau hat sich eben etabliert und der Glanz der Posten macht süchtig.
Seit wann gibt es im Europaparlament, einem Gremium mit weitgehend beratender Funktion, Koalitionen? Was sollen dann die Spekulationen des Kommentators über Rot/Grün, Rot/Schwarz etc.? Wenn die Medien – Ihr eingeschlossen – ständig nationale Politikrituale auf die europäische Ebene übertragen – ob sie passen oder nicht –, so tragen sie eher zur Verwirrung ihrer LeserInnen/ZuschauerInnen bei als zu deren Information. Dr. Regine Roemheld,
Fröndenberg
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