: Schneller wohnen statt länger warten
■ Studenten besetzten leerstehendes Gebäude am Dammtorbahnhof / „Wohnkultur statt Kommerzkino“ / Senat: Umgekehrt Von Sannah Koch
So könnte es aussehen, das „Wir-Wollen-Wohnen“-Projekt, von dem der Allgemeine Studentenausschuß (AStA) der Uni-Hamburg derzeit träumt – so wie der seit über einem Jahr leerstehende ehemalige „Bierpalast“ am Dammtorbahnhof. Um auf die studentische Woh-nungsnot hinzuweisen und ihre Ideen zur Linderung derselben zu präsentieren, besetzten gestern rund 150 StudentInnen das Gebäude für mehrere Stunden.
„Wohnkultur statt Kommerzkino“ - mit diesem Spruchband hatten die BesetzerInnen die Bauruine verziert. Doch nach den Plänen des Senats soll in dem Gebäude nicht gewohnt werden. Nach dem geplanten Abriß soll auf acht Leinwänden in einem Kino-Großprojekt (dem „CineMaxx“, geplant von den Kommerz-Giganten Hans-Joachim Flebbe und Rolf Deyhle) der neueste Stoff aus den Traumfabriken präsentiert werden.
„Hier bestünde Raum für mindestens 50 Wohneinheiten“, klagt hingegen AStA-Sozialreferent Thomas Rehm. Nach wie vor herrsche unter den Studierenden in Hamburg Wohnungsnot, während etliche Wohnhäuser, aber auch tausende Quadratmeter Gewerberaum leerstünden. So drängten sich im Oktober zu Beginn des Wintersemesters 1.500 StudentInnen auf Wartelisten für Wohnheime. Und auch jetzt bemühen sich nach AStA-Angaben täglich immer noch 30 Studis um die mageren Angebote beim Studentenwerk. „Kinos gibt es im Univiertel genug, Wohnungen sind aber Mangelware und für Studenten viel zu teuer“, so der AStA. Die Zimmermieten liegen in der Hansestadt nach einer Erhebung des Studentenwerks um durchschnittlich 50 Mark höher als in anderen Bundesländern.
„Mit dem Bau von Wohnheimplätzen laufen wir der Entwicklung etwas hinterher“, räumte gestern auch Jenspeter Rosenfeldt, Sprecher der Hochschulbehörde, ein. Zwar werde man bis zum Jahr 1995 noch etwa 500 bis 600 neue Plätze geschaffen haben, aber die Versorgungsquote hat sich in den vergangenen zwei Jahren trotzdem nicht verbessert. So konnten 1990 nur 6,3 Prozent des akademischen Nachwuchs in Studentenwohnheimen untergebracht werden, 1992 lag die Versorgungsquote trotz zusätzlicher Wohnheimplätze wegen des anhaltenden Andrangs an die Hochschulen immer noch bei demselben Wert. In Hamburg kommen auf 64.000 Studierende derzeit etwa 4.000 Studentenwohnheimplätze. Im Frühjahr, so Rosenfeldt, würden aber eine ganze Reihe neuer Einrichtungen fertiggestellt.
Der AStA will hingegen mit Nutzungsverträgen (auch zeitlich befristeten) für leerstehenden Wohn- und Gewerberaum gegen die Wohnungsknappheit kämpfen. Durch Eigenbeteiligung bei den Umbaumaßnahmen könnten diese „Wir-Wollen-Wohnen“-Projekte zur Kostenreduzierung beigetragen werden.
Doch schon gestern trafen die Studenten auf taube Ohren: In der Finanzbehörde wurde ihnen von Staatsrat Hartmuth Wrocklage mitgeteilt, daß der Bodenwert am Dammtorbahnhof für ein Studentenwohnheim bei weitem zu hoch liege, der Senat wolle dort das „CineMaxx“ realisieren.
Die Investoren haben bis zum 31. März Zeit, ihre Pläne vorzulegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen