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Mossad mordete auf höchsten Befehl

■ Israels Geheimdienst jagte PLO

Jerusalem/Berlin (AP/taz) – Der israelische Geheimdienst Mossad hat nach dem Massaker bei den Olympischen Spielen 1972 in München führende Funktionäre der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) gejagt und ermordet. Das enthüllte General Aharon Jariw, einer der maßgeblich Beteiligten, am Montag in einem Interview des israelischen Fernsehens. Die Attentate in den 70er und 80er Jahren seien von der israelischen Regierung gebilligt worden und hätten ihr Ziel erreicht, sagte er. Die genaue Zahl der Opfer nannte er nicht, Beobachter geben sie mit mindestens zwölf an. Das Interview war bereits vor einem Jahr aufgezeichnet worden. Es wurde aber erst jetzt von der Zensur freigegeben und aus Anlaß des 15. Todestages der früheren isralischen Ministerpräsidentin Golda Meir gesendet. Jariw stellte sich darin als ehemaliger „Terrorismus-Berater“ Golda Meirs vor. Er berichtete, die Regierungschefin habe die Attentate auf Mitglieder der palästinensischen Guerillaorganisation „Schwarzer September“ angeordnet, nachdem in München elf israelische Sportler einem Terroranschlag zum Opfer gefallen waren. Der Schwarze September war Teil der Al-Fatah, der von Jassir Arafat geleiteten größten Gruppierung innerhalb der PLO.

„Es sollte keine Rache sein, obwohl es Rache war“, sagte Jariw und fügte hinzu: „Die Mission zielte bewußt darauf ab, die führenden Köpfe des Schwarzen September auszulöschen, zu töten.“

Nach seiner Einschätzung veranlaßten die israelischen Attentate die PLO-Führung, Anschläge auf Israelis im Ausland zu stoppen. Führenden PLO-Funktionären sei klar geworden, „daß sie nicht mehr sicher waren, nicht einmal in ihren Wohnungen“. Jariw räumte ein, daß die Anschläge, die zumeist in Europa verübt worden seien, befreundete Regierungen verärgert hätten. Auch seien unschuldige Menschen umgekommen. So töteten Agenten des Mossad im Juli 1973 einen marokkanischen Kellner, den sie für Ali Salameh, den Drahtzieher des Münchner Massakers, hielten. Salameh selbst starb im Januar 1979 bei der Explosion einer Autobombe in Beirut, die dem Mossad zugeschrieben wird.

Die genaue Zahl der Morde, die im israelischen Auftrag verübt wurden, ist nicht bekannt. In unterrichteten israelischen Kreisen wird sie mit zwölf bis 15 angegeben.

Bereits 1990 hatte der Mossad- Aussteiger Victor Ostrovsky Anschläge des Geheimdienstes auf führende Palästinenser enthüllt. In einem Buch beschrieb er, wie im Hauptquartier des israelischen Geheimdienstes regelrechte „Gerichtsverfahren“ über PLO-Aktivisten abgehalten worden seien. Der Delinquent sei in Abwesenheit durch einen „Rechtsanwalt“ vertreten gewesen. Nach den „Plädoyers“ habe ein „Richter“ entschieden, ob der „Angeklagte“ „hinzurichten“ sei. Das letzte Wort habe der jeweilige israelische Staatschef gehabt. Dieser habe politisch entschieden, ob das „Urteil“ von Todesschwadronen des Mossad ausgeführt werden solle oder nicht. taud

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