: Wohin „verdrücken“ sich die Autos?
■ Debatte über die Folgen des Versuches „autoarme City“ für die Bremer Neustadt
Wenn die Martinistraße erst einmal versuchsweise gesperrt ist, wird man schon sehen, daß sich der Verkehr „großräumig verdrückt“. Diese Gewißheit des Axel Ahrens, Abteilungsleiter Verkehr bei der Baubehörde, teilen die NeustädterInnen gar nicht. Was heißt schon „verdrücken“? Werden nicht tausende von Autos statt über die Martinistraße durch die parallellaufende Oster- und Westerstraße rollen, beziehungsweise sich stauen? Um die Auswirkungen des Modellversuchs „Autoarme Innenstadt“ auf die Neustadt zu klären, traf sich am Dienstag ein Runder Tisch - bestehend aus Beiräten und VertreterInnen von Verkehrsinitiativen und Wirtschaft.
Während des Modellversuchs wird man von der Martinistraße nicht mehr geradeaus in die Faulenstraße weiterfahren können. Wer zum Kaufen oder Bummeln in die City fährt, wird aber weiterhin das Parkhaus Langenstraße anfahren können. Konsequenzen hat die Sperrung nur für die Durchfahrenden. Und das sind 70 Prozent der dort Fahrenden. „Aber die werden sich weiträumig andere Wege suchen“, sagt Stadtplaner Peter Bischoff vom Planungsbüro Schnüll, das für den Senat die Verkehrssituation in der Innenstadt analysiert hat. Negativ ausgedrückt: Alle kriegen ein bißchen was ab. Positiv ausgedrückt: Die Hollerallee zum Beispiel bekommt vielleicht 100 Fahrzeuge mehr pro Tag. Die Bürgermeister-Smidt-Brücke, die zur Zeit von 18.00 gequert wird, muß dann zusätzliche 2.000 verkraften. „Verkraftbar“, findet der Verkehrsplaner.
In der Neustadt dürfte die Sortillien-/Oster-/ Westerstraße am meisten betroffen sein: Zu den derzeit täglich 10.000 Fahrzeugen kämen 3.000 hinzu. Anlieger sind dort überwiegend Betriebe wie Beck oder Hachez, zur Osterstraße hin aber immer mehr auch Wohnungen. Doch hörbar sei eine Zunahme erst aber 50 Prozent mehr, so Peter Bischoff.
Während die Kaufleute beharrten, daß die Innenstadt nur mit mehr Verkehr was werden könne, sprachen sich sowohl die Beiräte als auch die Verkehrsinitativen mehrheitlich für den Modellversuch aus. Der Beirat allerdings fordert, daß zuvor ein Verkehrsleitsystem erarbeitet wird, um die in die Neustadt drängenden Fahrzeuge daran zu hindern, in kleine Wohnstraßen auszuweichen. Außerdem müsse der Versuch sofort abgebrochen werden, wenn die Situation unerträglich würde. cis
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