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Rosenkrieg

■ In der Scheidungssache: "Öko-Test" gegen das "World-Watch-Magazin"

Scheiden tut weh, so zum Beispiel die Trennung von World- Watch-Magazin, der Hauszeitschrift des Washingtoner Worldwatch Instituts, und Öko-Test, das seinen Lesern das umweltschonende lokale Handeln erleichtert. Beide Zeitschriften erschienen seit 1992 im Ökotest-Verlag. Der Brautvater, das Worldwatch Institut, rückte allerdings anläßlich der Hochzeit keine Mitgift heraus. Da fügte es sich, daß ein reicher Onkel aus Berlin auftauchte und der Braut je 20.000 Mark für sechs Ausgaben versprach. Besondere Dienste verlangte und bekam er dafür nicht, nur eine Anzeige und einen kleinen Hinweis im Impressum. Dennoch verursachte der Gönner dem Bräutigam „Öko- Test“ einiges Bauchgrimmen, handelte es sich doch um die Pharma- Firma Schering AG, die 1991 – bei fallender Tendenz – 114.000 Ratten, Mäuse, Hamster, Hunde und andere Tiere in ihren Labors für sich arbeiten ließ. Öko-Test aber engagiert sich gegen Tierversuche.

„Weil wir das World-Watch- Magazin für eine wichtige Zeitschrift gehalten haben und immer noch halten, haben wir unsere Bedenken gegenüber Schering hintangestellt“, erklärt Jürgen Stellpflug, Chefredakteur von Öko- Test. Nach sechs Ausgaben endete das Schering-Engagement. Die Braut hatte dem Verlag mittlerweile 200.000 Mark Schulden eingebracht, „dazu kamen weitere 250.000 Verluste – da konnten wir das World-Watch-Magazin nicht weiter verlegen“, meint Bernd Wältz, Geschäftsführer des Öko- Test-Verlages. Wältz bot die teure Braut zum Verkauf feil. Günter Berger, pikanterweise bis Ende 1992 Chef des Öko-Test-Verlages und mittlerweile Chef des World- Watch-Magazin, wollte aber nicht einfach irgendwo einheiraten und plante, eine World-Watch-Magazin-Ausgabe ohne Öko-Test herauszubringen. „Aber wir hätten unsere 5.500 Abonnenten per Zeitungsannonce suchen müssen, weil Öko-Test uns die Abonnenten- Kartei nicht herausgeben wollte“, schimpft er. Öko-Test bestreitet diese Vorwürfe.

Wie üblich überzieht sich das frühere Paar momentan gegenseitig mit einstweiligen gerichtlichen Verfügungen und Gegendarstellungen. Aber von Tisch und Bett ist man endlich getrennt, das World-Watch-Magazin erscheint wieder. Und auf der Umschlagrückseite wirbt Schering in gewohnter Weise für die Anti-Baby- Pille – das Mittel, das nach Aussage des Schering-Pressesprechers Gert Wlasich konsequent das Umweltproblem Nummer eins löst: die Überbevölkerung. Jörg Weber

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