■ Das PKK-Verbot – ein Signal in die falsche Richtung: Die Kurden sind Bonn egal
Mit dem heutigen Verbot der PKK und anderen kurdischen Vereinigungen und Organisationen hat die Bundesregierung ein Signal gesetzt, das sicherheitspolitisch sinnlos ist und letztendlich der PKK eine zusätzliche Märtyrerrolle bringt. Dieses Verbot ist rein außenpolitisch motiviert. Es ist ein Kniefall vor der menschenverachtenden Kurdenpolitik Ankaras. Darüber hinaus schwächt es die demokratischen Parteien und Organisationen in Kurdistan–Türkei, denn sie geraten nun in einen verschärften Solidarisierungsdruck.
Auch wenn es keinen Zweifel daran geben kann und darf, daß die gewalttätigen Aktionen der PKK und ihres Umfeldes in der Vergangenheit in Deutschland verfolgt und geahndet werden müssen, gibt es keine Rechtfertigung für dieses undifferenzierte Verbot der verschiedenen Organisationen, wie es heute ausgesprochen wurde. Um die in Deutschland begangenen Straftaten zu ahnden, reicht das bestehende Strafrecht vollkommen aus. Auch die von der PKK begangenen Kriegsverbrechen an Zivilisten in Kurdistan–Türkei können nicht für ein Verbot herangezogen werden, allenfalls für eine politische Ächtung. Es ist mehr denn je notwendig, nach Ursache und Wirkung zu fragen. Ursache der Gewalt ist der Vernichtungsfeldzug des türkischen Staates gegen das kurdische Volk in Kurdistan–Türkei.
Stets hat sich die deutsche Politik dadurch ausgezeichnet, die Kurden-Politik Ankaras militärisch und ökonomisch zu unterstützen. Nicht selten sind es deutsche Waffen, mit denen Kurden in der Türkei ermordet werden. Es gibt aber keine gewaltsame und keine administrative Lösung der Kurdenfrage. Allein die Gewährung voller demokratischer Rechte und Selbstbestimmung für das kurdische Volk können der Region Frieden bringen. Erst wenn das kurdische Volk die Möglichkeit bekommt, frei und demokratisch zwischen verschiedenen Parteien und Organisationen zu entscheiden, besteht eine Chance, den Einfluß der PKK zu schwächen.
Ginge es der Bundesregierung darum, die PKK wirklich zu bekämpfen und nicht nur einen Kniefall vor Ankara zu tätigen, um sich weiterhin als Waffenlieferant und Geschäftspartner anzudienen, hätte sie umfassende Möglichkeiten, dazu beizutragen, den Krieg in Kurdistan–Türkei zu beenden, indem sie unumstößlich jegliche Waffenhilfe und ökonomische Unterstützungen einstellen würde und sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Einberufung einer internationalen Kurdistankonferenz einsetzen würde. Siegfried Martsch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen