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„Was willsch do mache?“

VfB Stuttgart – Werder Bremen 0:0 / Stuttgarts Spieler treffen partout nicht mehr ins Tor und der Präsident fügt sich ins Unwägbare  ■ Aus Stuttgart Peter Unfried

Weit breitete er die Arme aus, setzte sein gewinnbringendstes Lächeln auf, rührte im Kaffee, blies Rauch in die Luft, feixte, guckte in die Runde, spielte mit einem Fanta-Verschluß. Dann zuckte er mit den Schultern, und endlich sprach der Finanzminister: „Was willsch do mache?“ Nun, was schon? Das wichtigste Wort dieser Tage in Stuttgart ist „Handlungsbedarf“. 0:0 gegen einen miserablen SV Werder Bremen, taktisch klug, erstaunlich besonnen und mit viel Einsatz gespielt, aber eben vier, fünf beste Gelegenheiten nicht genutzt. 15:21 Punkte, Platz 14. Wann, wann, endlich, will man folglich vom Finanzminister wissen, „sehen Sie Handlungsbedarf?“

Und dann guckt Gerhard Mayer-Vorfelder in seinen Kaffee, erzählt vom Walters Fritz, und wie der früher solche Chancen reingetan hätte. „Das sind Unabwägbarkeiten“, sagt er. Und die Fehleinkäufe, die Streitereien, die „mentale Sperre“ der Spieler? „Du kannst keinen Handlungsbedarf konstruieren“, brummt er und bemüht auch noch die Schnürsenkel, die derzeit beim Torschuß im Wege seien. Aber das haben Stuttgarts schreibende VfB-Freunde zu oft gehört. Jetzt soll ihnen der Finanzminister endlich das geforderte Opfer bringen. Allen? Noch nicht allen. Aber ganz schön Vielen. Die sind mächtig sauer. Keine Reisen in europäische Fußball- Metropolen: Chrissies Schuld! Dröge Samstage weit weg von den hellen Lichtern: Chrissies Schuld! Demnächst womöglich nach Meppen? Uaaah! Handlungsbedarf! Also scharen sich alle um den präsidierenden Finanzminister, und erst als der tatsächlich Handlungsbedarf sieht und sich schleunigst davonmacht, schlendert man zu Christoph Daum, um zu sehen, ob da auch noch was kommt!

Es kommt! Chrissie grinst, Chrissie feixt, Chrissie lacht: „Wir spielen jetzt nur noch unentschieden, 0:0,“ sagt er, „wenn wir das schaffen, haben wir einen neuen Rekord, haha.“ Und die Punkte, die Pünktchen, die heiligen, die doppelten, Chrissie? Da zuckt er mit den Schultern: „Haha, vielleicht bringt der Weihnachtsmann ein paar vorbei.“ Daß er den Rausundreinmann Dubajic diesmal wieder ranließ? „Haha, der sagte sich: Scheiße, jetzt muß ich wieder spielen.“

Nanu, Christoph! Der Kicker erzählt, daß sich ein gewisser Dieter Hoeneß derzeit vornehmlich im Französischen übt, um für die Trainersuche in welschen Gefilden gewappnet zu sein, der managende Metzgersohn erklärt dem Nürnberger Blatt daraufhin den Krieg und „beim Leben meiner Kinder“, daß er nicht heftigst, sondern gar nicht nach dem Nachfolger fahnde, im Magazin Focus zieht einer seiner journalistischen Spezialfeinde über ihn her, und was tut Christoph? „Ich versuche zuhause eine zeitungsfreie Zone einzurichten.“ Und? „Habe Focus erst einmal abbestellt, haha.“

Was ist mit dem los? Der Trainer, rügt Torhüter Eike Immel, müsse sich schon mehr einfallen lassen, „als ein Video rauszuholen, wo wir Tore geschossen haben.“ Aber, weiß wiederum der erfahrene Guido Buchwald: „Der Trainer kann die Tore nicht schießen.“ Doch er arbeitet angeblich noch dran: Mit den Medien „bis zu einem gewissen Punkt“, und am Team: „Die üben weiter Torschuß“, hat der Finanzminister beobachtet, „das können die auch.“ Irgendwann müßte folglich auch wieder öfter gewonnen werden? „Du mußt Geduld haben,“ findet MV, und er droht den Handlungsbedürftigen: „Diese Geduld habe ich.“

Hat er tatsächlich? Hm, des Managers Kinder leben derzeit noch. Nach dem letzten Spiel des Jahres in knapp zwei Wochen gegen den MSV Duisburg wird sich Christoph Daum allerdings vermutlich freiwillig zum Gehen entschließen dürfen. Schade, Chrissie: Gerade jetzt wurd's richtig lustig mit dir!

Werder Bremen: Reck - Bratseth - Beiersdorfer, Borowka - Basler, Wolter, Votava, Bode, Eilts - Hobsch (9. Neubarth/51. Wiedener), Rufer

Zuschauer: 15.000

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