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Studium der Zahnmedizin in neuer Ordnung

■ Wissenschaftsausschuß liftet dann doch noch Berlins Hochschulgesetz

Plötzlich ging es auch ohne Hauen und Stechen: An den Haaren und im Schwitzkasten mußten sich StudentInnen zuerst von zum Teil rabiaten PolizeibeamtInnen hinauswerfen lassen – und dann beschloß der Wissenschaftsausschuß, bei Anwesenheit von rund 200 (braven) Studierenden, eine Neuordnung der Zahnmedizin und änderte das Berliner Hochschulgesetz. (Die zahnmedizinischen Studiengänge wurden zwischen Humboldt- und Freier Universität aufgeteilt.) Im Hochschulgesetz wird kein Passus dem Wissenschaftssenator erlauben, von Staats wegen Studiengänge aufzulösen. Für ihr Studium bezahlen – das müssen StudentInnen auch zukünftig nicht, aber sie können durch ein diffiziles Verfahren von der Uni geworfen werden. Das Abgeordnetenhaus wird die beiden Gesetze am Donnerstag mit Dringlichkeit endgültig verabschieden.

Die Zahnmedizin ist nun aufgeteilt: Die Humboldt-Universität führt die Zahnklinik der Charité fort und bekommt von der Freien Uni das Krankenhaus Nord. Die FU behält ihre Süd-Klinik, die allerdings kein eigener Fachbereich mehr ist. Nicht nur bei der Opposition blieben schwere Bedenken. Die Großen Koalitionäre selbst, Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) und der Sprecher der Sozialdemokraten, Bert Flemming, sehen erhebliche Risiken bei den Finanzen und vor allem beim Kapazitätsrecht: Die Verwaltungsgerichte würden nicht hinnehmen, daß in Berlin künftig nur noch 160 StudentInnen zum Zahnstudium zugelassen werden sollen.

Die Übergangsregelung, die von den derzeit Studierenden für den geordneten Abschluß ihrer Ausbildung gefordert worden war, garantiert der Gesetzentwurf nicht. Das versprach der Unions- Abgeordnete Eberhard Engler mündlich – die Studierenden saßen vor ihm und hörten die Botschaft wohl. Aber die Grünen-Parlamentarier Sybille Volkholz und Bernd Köppl meldeten den Zweifel an, daß die nach der alten DDR-Regelung angefangenen Studierenden an der Zahnklinik Nord nur „im Drei-Schicht-Betrieb fertigstudieren könnten“. Das reumütig durch die Koalition umgetaufte „Haushaltsstrukturgesetz“ (jetzt: Änderung des Hochschulgesetzes) enthält das Zwangsinstrument Exmatrikulation: in vielen kleinen Varianten können Studierende von der Uni geschmissen werden. Etwa, wenn sie zum zweitenmal die Abschlußprüfung versiebt haben oder wenn sie an einer Zwangsberatung nicht teilgenommen haben. Eine Verlegung der Ausschußsitzung in die TU, wie es Sybille Volkholz beantragt hatte, lehnten die Koalitionäre ab. Statt dessen wurde nach der Sitzung mit den Studierenden diskutiert – aber ohne die CDU. Christian Füller

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