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Nigerias Herrscherkaste rückt zusammen

■ Alte und neue Machthaber, Zivilisten und Militärs regieren jetzt gemeinsam

Berlin (taz) – Nigerias neuer starker Mann, General Sani Abacha, hat die Ordnung wiederhergestellt: Die gespaltene Herrscherkaste Nigerias sitzt wieder einträchtig an einem Tisch. Monatelang stand das größte Land Westafrikas am Rande eines blutigen Machtkampfes zwischen Fraktionen der politisch-militärischen Elite. Aber jetzt regieren Anhänger der Militärdiktatur und Förderer der Mehrparteiendemokratie wieder gemeinsam.

Nach den Vereidigungszeremonien vom Wochenende sieht Nigerias neue Regierungsstruktur so aus: Ganz oben herrscht eine Militärjunta, offiziell „Provisorischer Regierungsrat“ betitelt und geführt von dem am 17. November per Putsch an die Macht gelangten General Abacha; sie besteht aus vier Zivilisten und sieben Militärs und wird alle maßgeblichen Richtungsentscheidungen treffen. Darunter gibt es ein Kabinett, genannt „Föderaler Exekutivrat“; es hat 33 Mitglieder, darunter nur drei Militärs. In beiden Gremien ist das gesamte etablierte politische Spektrum Nigerias vertreten, auch Anhänger des monatelang verfemten Gewinners der annullierten Präsidentschaftswahlen vom Juni, Moshood Abiola: Dessen Berater Baba Gana Kingibe ist Außenminister im Regierungsrat. Im Exekutivrat sitzen unter anderem die wesentlichen Führer der mittlerweile verbotenen Parteien SDP und NRC. Der Versöhnung zum Opfer gefallen sind hingegen einige wichtige Armeekommandeure, die am Samstag pensioniert wurden. So wird die seit Juni von so verschiedenen Politikern wie Abiola und Ex-Diktator Obasanjo herbeigewünschte „Regierung der Nationalen Einheit“ doch noch Realität. Die Gefahr, daß die Annullierung der Präsidentschaftswahlen zu einem Katalysator der Demokratisierung werden könnte, indem sich Teile der etablierten Politik mit der demokratischen Opposition gegen die Militärs verbünden, ist gebannt, da Wahlsieger Abiola selbst der neuen Regierung grünes Licht gegeben hat.

Warum die plötzliche Einigkeit? Nach hartnäckigen Gerüchten mußte Abacha putschen, um einen sehr viel blutigeren Staatsstreich junger Offiziere abzuwenden; diese hätten geplant, Abacha, Abiola, Ex-Diktator Babangida und noch 95 weitere, auf einem „Weihnachtszettel“ aufgelistete Vertreter des „alten Systems“ hinzurichten. Aber ob es gut ist für Nigeria, wenn alle Mächtigen einig sind? Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka, der Dauerkritiker des nigerianischen Systems, ist pessimistisch: Niemand solle sich von den „schmeichlerischen Worten“ des neuen Regimes blenden lassen, sagte er letzte Woche. Die neue Regierung werde „die brutalste“ sein, die Nigeria jemals erlebt habe. D.J.

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