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Ein Traum aus Nigeria

Die Houston Rockets stellten den NBA-Startrekord der Capitols von 1948 ein: 15 Siege in Folge  ■ Von Matti Lieske

Berlin (taz) – Wäre Hakeem Olajuwon bei seiner Familie in Nigeria geblieben, würde er vermutlich im nächsten Jahr mit der nigerianischen Nationalmannschaft an der Fußball-Weltmeisterschaft in den USA teilnehmen. Doch der 2,10 Meter große Jüngling entschied sich mit 18 Jahren dafür, Basketball zu spielen, studierte an der Houston University und könnte 1994 schon Weltmeister sein, bevor seine ehemaligen Landsleute – mittlerweile ist der dreißigjährige Olajuwon US-Bürger – den ersten Ball bei der WM treten. Sein Klub, die Houston Rockets, sind auf dem besten Weg zur NBA-Meisterschaft, die die US-Amerikaner in schönster Bescheidenheit „World Championship“ nennen.

Am Donnerstag abend fegten die Rockets im Madison Square Garden die New York Knicks mit 94:85 Punkten vom Feld, ihr 15. Sieg in Folge, mit dem sie den NBA-Startrekord der Washington Capitols aus dem Jahre 1948 einstellten. Überragender Spieler auf dem Platz, wie immer, Hakeem Olajuwon, der im letzten Jahr bei der Wahl zum „wertvollsten Spieler“ der Saison hinter Charles Barkley, aber vor Michael Jordan, auf dem 2. Platz landete und derzeit der unbestritten beste NBA- Spieler ist. Das Duell der Supercenter gegen New Yorks Patrick Ewing entschied er mit 37 Punkten und 17 Rebounds klar für sich. Ewing gelangen ganze 12 Punkte.

Schon zu Beginn seiner NBA- Karriere, als er und Ralph Sampson Houstons Gegner als „Twin Towers“ das Fürchten lehrten, wurde Olajuwon als „Center der 80er Jahre“ apostrophiert. In jeder seiner neun NBA-Spielzeiten seit 1984 erreichte er einen Durchschnitt von mehr als 20 Punkten, in jedem Jahr außer 1991 (verletzt) stand er im All-Star-Team des Westens. Dennoch blieben die Erfolge für das mediokre Rockets-Team aus. Vor einem Jahr wollte Olajuwon den Klub wegen Gehaltsstreitigkeiten sogar verlassen. Dann bekam er doch den angestrebten Vertrag über 25,4 Millionen Dollar bis 1999, und von nun an ging es aufwärts mit den Rockets. Nur ganz knapp unterlagen sie im Viertelfinal-Play-off der letzten Saison den Seattle SuperSonics. Das entscheidende siebte Spiel ging erst nach Verlängerung mit 100:103 verloren.

Im nächsten Jahr wollen die Houston Rockets mehr. „Unser Ziel ist es, die Meisterschaft zu gewinnen“, sagt Olajuwon, und Coach Rudy Tomjanovich hat es inzwischen geschafft, die Mannschaft so einzustellen, daß der Titel keine Utopie mehr ist, obwohl sich auch Seattle, nicht zuletzt mit Detlef Schrempf, verstärkt hat und zum Auftakt eine ähnlich gute Serie hinlegte (12:1 Siege). Mit Vernon „Mad Max“ Maxwell, dem Neuling Robert Horry und Otis Thorpe an der Seite von Olajuwon, sind die Texaner in der Offensive kaum zu stoppen und in der Defensive ließen sie in den ersten 15 Spielen noch keinen Gegner die 100-Punkte-Grenze erreichen. „Werden wir die Saison mit 82:0 Siegen abschließen?“ fragt Olajuwon schelmisch und antwortet selbst: „Alles ist möglich.“ Die wahre Meisterschaft beginnt jedoch erst mit den Play-offs, und alles hängt davon ab, ob der Center seine brillante Form bis dahin halten kann und von Verletzungen verschont bleibt.

Hakeem Olajuwon, ein netter Bursche, der gegen alle NBA- Bräuche auch mal einen Gegner lobt, wenn diesem ein guter Dunk gelingt, ist für einen Center ungeheuer beweglich, was er auf seine frühe Fußball-Karriere zurückführt, und sehr vielseitig. „Eine Menge Leute sind in einer Sache gut“, sagt Houstons Point Guard Kenny Smith, „aber nicht viele sind gut in vier Dingen. Er ist der beste Blocker, der beste Rebounder, der beste Schütze und kann auch der beste in assists werden.“ Für eine Abwehr ist die Arbeit in der Regel getan, wenn es gelingt, den gegnerischen Center vom Korb fernzuhalten. Doch Olajuwon wirft den Ball mit seinem grazilen eingedrehten Sprungwurf ohne Probleme auch aus der Distanz in den Korb und hat zudem seine Freiwurfquote enorm verbessert.

„Wenn er einen guten Tag hat, trifft er bei nahezu jedem Ballbesitz, oder er spielt einen anderen frei“, schwärmt Knicks-Coach Pat Riley, und Dream-Team-Center David Robinson war nach einem Match gegen die Rockets völlig aus dem Häuschen, als Olajuwon 32 Punkte gegen ihn gemacht hatte. „Wenn ich einen schlechten Tag habe und so was passiert, ist das okay, aber der Witz ist: ich hatte einen guten Tag.“

Bei den Olympischen Spielen in Barcelona fehlte Olajuwon, weil er noch nicht die Staatsbürgerschaft der USA hatte, doch 1996 in Atlanta wird er mit ziemlicher Sicherheit der Center des neuen Dream Teams sein. „Es gibt kein Traumteam ohne den Traum“, sagt Olajuwon verschmitzt. „The Dream“ ist der Spitzname des „Rocket Man“ aus Houston.

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