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Rare Bücherlust

■ Die Bartkowiaks: Medium für Buchkünstler aus aller Welt

Er war Texter und Grafiker, sie war Diätassistentin, Landmaschinenverkäuferin und Kosmetikerin. Jetzt sind sie beide das forum book art: Heinz Stefan und Wibke Bartkowiak haben sich mit Haut und Haaren der Buchkunst verschrieben. Seit einigen Jahren sind sie das internationale Medium der Buchkunst schlechthin.

Ihre Villa in Winterhude hat sich dabei in eine fluktuierende Bühne der Buchkunst verwandelt. Mit der Jubiläumsausstellung fuffzich!, präsentieren die beiden Büchernarren zehn limitierte und aufwendig gestaltete Künstlerkalender aus der ganzen Bundesrepublik. Aber nicht nur in den eigenen Wänden, sondern auch in Leipzig, Prag, Lodz und Berlin zeigen die Bartkowiaks Exponate zeitgenössischer Buch- und Druckkünstler. Bogota und Santiago de Chile stehen auf dem dichtgedrängten Terminkalender.

Im Zentrum ihrer ganzen bibliophilen Aktivitäten steht aber das Kompendium zeitgenössischer Handpressendrucke. In dem Sammelwerk, das in einer Auflage von 1.000 Exemplaren zweimal im Jahr herauskommt, steht so ziemlich alles über die eigenwillige Buchkunstszene. Wer im Kompendium schmökert, weiß, wer wo welche Handmade-Bücher druckt; weiß ebenso, wer wo Unikat- und Künstlerbücher gestaltet und verkauft. Heinz Stefan Bartkowiak erklärt zur Konzeption des Kompendiums: „In der Regel findet man keine Handpressendrucke, Unikat-Bücher oder Buchobjekte in einem Buchladen, es gibt also keinen Umschlagplatz. Wir suchen daher selbst einen Markt. Dabei handeln wir aber nicht, sondern schaffen lediglich ein kommunikatives Fo-rum.“ Scherzend fügt Wibke Bartkowiak hinzu: „Wir sind also eigentlich alles: Büroklammer, Whirlpool und 'Zirkus' in einem.“

Begonnen hat ihre gemeinsame Arbeit für das künstlerisch gestaltete Buch mit dem Nachlaß vom Vater Heinz Bartkowiak. Er war Professor für Typographie an der Hochschule für bildende Künste in Berlin und besaß eine umfangreiche Buchsammlung zum weiten Themenkomplex Druckhandwerk. Aus der antiquarischen Beschäftigung mit den Büchern entwickelte sich 1987/88 die Idee, statt „mit den toten Druckern, etwas mit den Lebenden zu machen.“

Das forum book art, „Bücherlust von rar bis rarissima“, ist die aufregende Entdeckungsfahrt in eine expressive Welt, die sich zwischen zwei Buchdeckeln befindet. Zeitraubendes Tun zudem; Korrespondenz in alle Welt führen, Ausstellungen vorbereiten, redaktionell am nächsten Kompendium arbeiten und Extrawünsche der Künstler befriedigen, gehören zum Alltag. „Eine wunderschöne Arbeit“, schwärmt Wibke Bartkowiak.

Einer sieht das allerdings anders: Willi, sprechender Papagei des Hauses, ist beleidigt. Er findet nicht mehr die Beachtung, die er früher - bevor die typophile Besessenheit einkehrte - genoß. Resultat: Er schweigt sich immer öfter zur Liebe am sinnlichen Buch aus.

Dierk Jensen

forum book art, Körnerstraße 24, Mo-Sa 14-18 Uhr, bis 18.12.

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