: Carpools halbieren den Verkehr
■ Fachtagung zum Thema „Mobilitätsberatung“
In Amerika ist alles drei Nummern größer als in Deutschland: Die Probleme, aber auch die Lösungen. Während in Bremen um einen kleinen Versuch zum Thema Autoarme Innenstadt gefeilscht wird, wissen die Verkehrsplaner in den USA längst, daß die Lösung der Verkehrsprobleme in der Verringerung des Individualverkehrs liegt. Ausgerechnet aus Los Angeles hatten sich die Planer des Kongresses „Mobilitätsberatung als Dienstleistung“ einen Referenten geholt: Jim Sims vom Unternehmen „Commuter Transport Services“ (CTS) erzählte von Verkehrsreduzierung mittels Carpools - Fahrgemeinschaften. Eine Vision für Bremen hatte das „Büro für Verkehrsökologie“ auch: bei vernünftiger Umsetzung der Mitfahr-Idee könnte sich die Stadt fast 60 Prozent des Autoverkehrs ersparen.
Von den 15 Millionen Menschen in LA pendeln täglich 8 Millionen mit dem eigenen Auto zum Arbeitsplatz. Heute soll dieser Trend umgekehrt werden: Kein technisches Problem, sondern eine Frage des Umdenkens, meint Sims. Und daher geht CTS auf die Bedürfnisse der PendlerInnen ein, legt ihnen Listen mit FahrerInnen aus der Nachbarschaft vor und sorgt dafür, daß Car-Pool-Autos auf eigenen Strecken schneller am Stau vorbeikommen. Die Agentur hat nach Aussagen von Sims im vergangenen Jahr 350.000 Listen von Mitfahrmöglichkeiten erstellt und 111.000 PendlerInnen erfolgreich vermittelt: Einsparungen: etwa eine Millairde Mark, 350 Millionen Liter Benzin und 32.000 Tonnen Schadstoff.
Den Mut zu unpopulären Entscheidungen, den Umweltsenator Ralf Fücks in seiner Eröffnungsrede bitter vermißte, brachten die Parlamente im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ auf: Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten müssen jährlich eine Auflistung über ihre Angestellten abliefern: wer wielange woher zur Arbeit kommt: Daten, die eine Koordinierung der Pendlerströme vereinfachen und die Unternehmen zu Kooperation zwingen.
Amerika, Du hast es besser: Damit dies nicht ewig so bleibt, gibt es ähnliche Berechnungen auch für Bremen. Das „Büro für Verkehrsökologie“ hat errechnet, daß in Bremen von 300.000 Beschäftigten insgesamt über 100.000 „Pkw-Alleinfahrer“ sind, also potentielle Car-Pool-Interessierte. Da die Bremer Betriebe alle relativ nahe in der Innenstadt liegen, errechnen die Verkehrsökologen ein Potential von 23.000 Alleinfahrern, die Mitfahrer werden könnten: es enstünden 19.000 neue Fahrgemeinschaften, die zahl der Alleinfahrer könnte sich um 42.000 reduzieren: die hochgerechneten Ergebnisse: 190.000 weniger Pkw-fahrten am Tag, 3 bis 4 Millionen gefahrene Kilometer weniger am Tag plus Reduzierung der Schadstoff- und Lärmbelastung durch den Verkehr. Bei diesen Potentialen tue eine „Mobilitätsberatung“ wie in Los Angeles bitter not. bpo
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