piwik no script img

Räumungsverkauf beim Elektroriesen AEG

■ Hausgeräte werden an den schwedischen Konzern Electrolux abgegeben / Markenlos steht der marode Daimler-Elektroriese wieder einmal auf der Kippe

Berlin/Frankfurt (taz/dpa)

Seit Wochen lagen die Verkaufspläne in der Schulade, nun hat sie der AEG-Aufsichtsrat endgültig hervorgekramt: Der Imageträger Hausgeräte mit rund 10.000 Beschäftigten, so beschloß das Gremium gestern einstimmig, wird an den weltgrößten Hersteller AB Electrolux abgegeben. In den nächsten Monaten soll der Anteil des schwedischen Elekrokonzerns von 10 um die restlichen 90 Prozent erhöht werden. Die Eigenständigkeit der AEG Hausgeräte werde durch Wechsel der Kapitaleigner nicht gefährdet, hieß es. Der geschätzte Verkaufspreis: Eine Milliarde Mark.

Vor der Sitzung demonstrierten Hunderte AEG-Beschäftigte gegen den drohenden Ausverkauf. Michael Kittner, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, sagte, für den Elektrokonzern bestehe keine Zukunft, wenn Jahr für Jahr die rentablen Unternehmensteile zur Abdeckung von Verlusten verkauft würden. Die IG-Metall-Vertreter forderten ein klares Konzept zur Rolle der AEG im Daimler- Imperium, stimmten dem Verkauf aber notgedrungen zu.

Mit dem Verkauf der Hausgeräte-Sparte (Umsatz: 2,7 Mrd. DM), dem derzeit einzig profitablen Unternehmensbereich, scheint der Anfang vom Ende des ewigen Sanierungfalls AEG besiegelt zu sein: Nachdem bereits AEG Kabel verkauft, die hochdefizitäre Bürokommunikationssparte Olympia abgewickelt und der geordnete Rückzug aus dem Schienenfahrzeugbau angetreten wurde, geht es nun dem Rest an den Kragen. Auch in der Automatisierungstechnik (Umsatz 3 Mrd. DM), mit der AEG noch keine einzige Mark verdient hat, wird nach einem starken Partner gesucht. Teile sollen an den US-Konzern General Electric gehen. Die Abteilung Elektrotechnische Anlagen (Umsatz: 3,1 Mrd. DM) ist allein ebenfalls auf Dauer nicht überlebensfähig. Und bei dem astronomische Verluste schreibenden Sorgenkind Mikroelektronik (1,3 Mrd. DM) fehlt ein kapitalkräftiger Investor, der die Risiken mit AEG und Dasa teilt.

„Schlimm, wirklich schlimm“, kommentierte Daimler-Chef Edzard Reuter schon im Frühjahr die Lage seiner Elektroabteilung. Zur vierten Daimler-Division fallen den Managern nicht einmal mehr flotte Sprüche ein. Gut fünf Milliarden Mark hat den Autokonzern sein Abstecher in das Reich der Herdplatten, Kühlschränke, Mikroelektronik-Teile und Lokomotiven bislang gekostet. 1992 lag der Umsatz bei 11,6 Milliarden Mark, das Betriebsergebnis aber war tiefrot. Nur mit Tricks gelang es den AEG-Rechenkünstlern, aus dem Betriebsverlust von rund 320 Millionen Mark einen Mini-Gewinn von sechs Millionen zu machen. es

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen