■ Das Plärren der Baulöwen: Fette Jahre sind vorbei?
Ach, was waren das für goldene Zeiten am Bau vor dem Fall der Mauer! Baupreise, die 56 Prozent über denen Hamburgs lagen; Subventionen in Milliardenhöhe und Steuererleichterungen für alle. Die Preise diktierte das Betonkartell, öffentliche Ausschreibungen gab es wenig, man kannte sich ja. Und konnte jemand den Rachen nicht schnell genug voll kriegen, schmierte er ab und an auch schon mal einen Politiker. Es war wie in Sizilien, nur nicht so sonnig.
Die fetten Jahre sind vorbei, wir kriegen nichts zu fressen, heulen die Baulöwen und zeigen auf die geizige Bauverwaltung, die wendigen Konkurrenten im nahen Umland und die billigen Nachtarbeiter aus dem östlichen Ausland. „Die dramatisch rückläufigen Gelder für Bauleistungen machen der Berliner Bauindustrie zu schaffen.“ „Billiger geht's nimmer.“ „Die Baustoffpreise stürzen ab.“ So klagen sie unisono und drohen, den Wettbewerb auf dem Rücken der Bauarbeiter und auf Kosten der Qualität am Bau ausfechten zu wollen. Das sind Drohungen – in der Hoffnung, man könne an den Fleischtöpfen überwintern. Solange mauern die Baulöwen, arbeiten mit Tricks und illegal Beschäftigten. Denn sie wollen nicht teilen. Sie wollen mehr. Sie wollen alles. Warum? Die Baukonjunktur wird in den kommenden Jahren in Berlin explodieren. Die Stadt wird zur Großbaustelle. Dieses vor Augen, gewinnt man den Eindruck, das Gejammere der Baulöwen diene nur dem Zweck, die Kosten künstlich oben zu halten, um dann später – bei der großen Nachfrage im Hauptstadtumbau – um so kräftiger absahnen zu können. Der inszenierte Plärrzirkus indessen hat sich auf die Gesamtkosten beim Bauen schon prächtig ausgewirkt: Allen Klagen zum Trotz bleiben die Baukosten hoch. Rolf Lautenschläger
Siehe auch Bericht Seite 19
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