„Wir erwarten, daß Voscherau abgemahnt wird“

■ Interview mit Giovanni Sciurba vom SPD-Arbeitskreis Ausländerpolitik

taz: Wie hat der Arbeitskreis Ausländerpolitik Voscheraus Forderung nach einer stadtteilbezogenen Zuzugsbeschränkung für Ausländer aufgenommen?

Giovanni Sciurba: Es waren einhellig alle äußerst enttäuscht und wütend, weil der Bürgermeister vor der Wahl nicht mal in einem Satz den Eindruck erweckt hat, daß er zu solchen Forderungen greifen würde. Wir fühlen uns hintergangen. Was ich am schlimmsten finde, sind die totalen Verdrehungen in diesen Äußerungen. Denn aus der Stadtentwicklungspolitik wissen wir, daß gerade die ausländischen Familien sozial schwache Stadtteile stabilisieren, weil diese Familien in der Regel noch intakt sind.

Welche Forderungen hat der sozialdemokratische Arbeitskreis Ausländerpolitik jetzt an den Bürgermeister?

Er soll sich bei den ausländischen Bürgern in der Stadt entschuldigen. Außerdem haben wir den SPD-Landesvorstand und die anderen Gremien aufgefordert, sich von Voscheraus Äußerungen zu distanzieren.

Zieht der Unmut über diesen demagogischen Ausfall Voscheraus weite Kreise in den Reihen der Sozialdemokraten?

Ja, der zieht sehr weite Kreise. Hier muß auch ein Schlußpunkt gesetzt werden. Es kann nicht angehen, daß die Sozialdemokraten jetzt zu Mitteln greifen, die wir immer kritisiert haben. Mit solchen Themen, die in erster Linie Ängste schüren, demagogisch und ohne jegliche Reflektion – auch ohne Absprache mit der Partei – an die Öffentlichkeit zu gehen. So etwas haben wir als CDU/CSU-Politik kritisiert. Daraus ziehen allein rechtsextreme Parteien Gewinne.

Wird der Unmut nun Folgen haben?

Ich hoffe, daß er Folgen haben wird. Wir als Ausländer in der SPD erwarten von allen anderen Genossen, daß sie eindeutig Position beziehen und daß Voscherau abgemahnt wird. Wenn das nicht passiert, ist das nicht die richtige Partei. Man muß sich entscheiden, auf welcher Seite man steht.

Welche Bedeutung haben solche Äußerungen für Sie persönlich?

Ich bin schockiert, daß so etwas beim Bürgermeister hoffähig ist. Wenn die Partei sich nicht klar hinter die ausländischen Bürger stellt, ist das nicht mehr meine Partei.

Fragen: Sannah Koch