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Kalte Dusche für Bertis Mannen

■ Länderspiel in San Francisco: USA - Deutschland 0:3 / Andreas Möller einmal mehr der überragende Spieler beim Sieg gegen harmlose US-Amerikaner

Berlin (taz/dpa) – Daß Andreas Möller mittlerweile der Dreh- und Angelpunkt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist, geht in Ordnung. Daß jede halbwegs gefährliche Aktion über ihn läuft, ist offenbar kaum zu vermeiden. Aber daß er auch noch die Kopfballtore selber erzielen muß, wie beim 1:2 gegen Argentinien in der 9. Minute und beim 3:0 gegen die USA in der 16., das geht eindeutig zu weit. So ähnlich dachte wohl auch Stefan Kuntz bei seinem ersten Länderspiel, in dem er durch gefährliche, allerdings meist hastige Aktionen positiv auffiel. In der 79. Minute warf er sich in einen Eckball, den Möller vorsichtshalber selbst ausgeführt hatte, köpfte das 2:0 und beendete damit die Lufthoheit des Turiners. Das deutsche Team, das den Amerikanern bis dahin meist ein gleichwertiger Gegner war, durfte aufatmen: die befürchtete Blamage blieb aus und Andreas Thom war es, natürlich wieder nach Möller-Solo, vergönnt, in der 90. Minute gar noch das 3:0 zu schießen.

„Seine Leistung macht mich richtig sprachlos“, sagte Bundestrainer Berti Vogts zu Möllers Vorstellung und sprach dann weiter: „Im Mittelfeld ist er unsere tragende Säule.“ Tatsächlich sähe das deutsche Spiel ohne Möller ziemlich mau aus. Abgesehen vom eifrigen Thomas Häßler herrschte nämlich auch gegen die ansprechend kombinierenden, aber doch recht biederen US-Kicker eine beängstigende Ideenlosigkeit. Vor allem in der Anfangsphase, als die Deutschen ihre Gegner im eigenen Strafraum gefangenhielten, demonstrierte die US-Abwehr samt Torwart Friedel, wie hilflos sie ist, wenn sie unter Druck gesetzt wird. Doch Brehme (nach Möller-Anspiel), Kuntz (nach Möller-Anspiel) und Klinsmann (nach Möller-Anspiel) konnten ihre Chancen nicht ausnutzen.

Danach ließen sich die Deutschen einschläfern und die Gastgeber, vor allem in der zweiten Halbzeit, immer besser ins Spiel kommen. „Ich bin überrascht, wie wenig Druck die Deutschen über außen entwickeln“, wunderte sich der US-Spieler Paul Caligiuri, der früher in der Bundesliga aktiv war. Die USA waren mit Weitschüssen gefährlich, spielten vor 52.397 Zuschauern im baufälligen WM-Stadion von San Francisco dank ihrer Mittelfeldspieler Stewart und Cobi Jones recht gefällig, besaßen aber nicht die Durchschlagskraft, um sich gegen die keineswegs überzeugenden Abwehrspieler Kohler und Buchwald, von Günter Netzer gar zur „Achillesferse“ ernannt, sowie Effenberg, der wie ein Zweitligaspieler agierte, durchzusetzen. Effenberg hatte der Bundestrainer nach der Niederlage gegen Argentinien vorgeworfen, „phlegmatisch“ gespielt zu haben. Diesmal bemühte er sich um etwas mehr Munterkeit, ohne jedoch Erstaunliches zu Wege bringen zu können. Gerechtigkeitshalber muß allerdings festgehalten werden, daß es seine – ungeliebte – Hauptaufgabe ist, Häßler den Rücken freizuhalten, und nicht, selbst die Akzente zu setzen.

Insgesamt muß man ganz ausnahmsweise Ausputzer Matthäus recht geben, der sich dagegen verwahrte, daß die Partie „ein Testspiel gegen Blinde“ gewesen sei. Eine Einschätzung, die auch US- Trainer Bora Milutinovic teilte. Er fand den „Unterschied zwischen den Mannschaften gering“.

Nach Spielende konnten die Amerikaner dann doch noch einen Erfolg landen, wenn auch nur unter der Dusche. „Da kamen Eiswürfel raus. Die Amis hatten das ganze warme Wasser aufgebraucht“, berichtete Andreas Möller. Matti

Deutschland: Illgner - Matthäus - Kohler (46. Sammer), Buchwald, Effenberg, Häßler (75. Strunz), Eilts, Möller, Brehme (46. Ziege) - Kuntz, Klinsmann (63. Thom)

Zuschauer: 52.400; Tore: 0:1 Möller (16.), 0:2 Kuntz (79.), 0:3 Thom (90.)

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