■ Kärglicher Lohn macht Politiker verdrossen. Da hilft nur:: Sponsoring durchs Kapital
Hat der Bundeskanzler gesagt, keinem solle es schlechtergehen als zuvor? Er hat. Hat Herr Kohl nicht angefügt, Wohlstand und Demokratie gehörten zusammen, unabdingbar? Er hat. Gibt der Regierungschef die Richtlinien der Politik aus? Er gibt.
Na also. Kaum wird der Mann beim Wort genommen und in seiner Kompetenz respektiert, machen die Medien eine „Gehälteraffäre“ daraus. Wegen monatlich eintausendzwounddreißig Mark und vier Pfennig pro Nase. So viel haben 14 sachsen-anhaltinische Staatssekretäre zuviel gekriegt (ganz paritätisch übrigens: je sieben Westler und Ostler). Nun mal ganz nebenbei: Wer macht denn die Regierungsarbeit? Der Chef, die Minister? Ach wo! Warum also sollten Staatssekretäre, wenn die Vorgesetzten sich bestens bedienen, Zurückhaltung üben?
Sie sollen nicht. Auch wenn dem neuen Ministerpräsidenten Christoph Bergner jetzt wieder die Tränen kommen. Schon hat er „eingeräumt“, die Zulagen seien „rechtlich umstritten“, der Fall würde „gegenwärtig geprüft“. Wetten, daß rauskommt: Ethik und Moral schwinden, Politikverdrossenheit wächst, Glaubwürdigkeit geht den Bach runter!? Alles Kappes. Was mit der ganzen Debatte wirklich gefördert wird, ist die Verdrossenheit der Politiker.
Ist doch eh alles nur noch dritte Liga. Wer richtig Geld machen will, geht in die Wirtschaft. Reuter, Piäch – hier werden Gehälter bezahlt, die anständig motivieren. Was Wunder, daß es neben den Staatssekretären auch den Präsidenten des Landesrechnungshofs erwischt hat. Der sagt sich eben: Kontrolle ist gut, ein vernünftiger Monatslohn besser! Die momentane Situation ist doch für Politiker wirklich entwürdigend: Gauweiler muß nebenbei Mandanten vermieten, kaum einer kann noch seinen Urlaub selber zahlen...
Es ist dies also nicht die Stunde des Parlaments, gefordert ist die Industrie! Denn die öffentlichen Kassen sind leer. Warum nur Sponsoring von Kultur und Sport? Für wen macht denn der Verkehrsminister Politik? Eben! Haben wir nicht immer gesagt, es handle sich um Marionetten des Kapitals? Warum also nicht so: BMW und der ADAC überweisen ein anständiges Gehalt für Wissmann (Verkehr), Schering und Bayer sorgen für Seehofer (Gesundheit), Siemens und RWE alimentieren Töpfer (Umwelt) – selbstredend alles steuerlich absetzbar. Das entlastet den Haushalt und bietet vor allem Transparenz.
Utopisch, so etwas? Moralisch anrüchig? I wo! Mit einer Milliarde jährlich polieren deutsche Konzerne ihr Image auf – durch milde Gaben an Leichtathleten, Storchbrutstellen, Clowns. 1,3 Millionen zahlt Lever (Waschmittel) für ein Schutzprojekt am Bodensee, mit dem Hinweis darauf wird „Skip“ vermarktet. Tut Gutes und redet darüber! Oetker, Daimler, IBM: Übernehmt Patenschaften! Sponsert Politiker! Herr Thömmes
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