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"Althans freut sich jedenfalls"

■ "Beruf Neonazi" - Wie der Ruf nach Zensur den Marktwert des Films steigert

In Deutschland laufen die raren Filmkontroversen stets nach dem gleichen Muster ab. Ein Artikel brandmarkt einen Film als frauenenfeindlich, rassistisch, faschistisch. Leute, die den Film nicht gesehen haben, schreiten zur Tat: Leinwände brennen, Kinovorführungen werden gesprengt, Filmverleihe bedroht. Vielbeachtet versammelt man sich dann im Weddinger „Sputnik“-Kino und diskutiert über die Existenzberechtigung des Streifens „Beruf: Neonazi“, dessen zum „umstrittenen“ Regisseur geadelter Filmemacher meist leichtes Spiel hat, dadurch seinen Marktwert zu steigern.

Neu an der Vorgeschichte ist im Falle von „Beruf: Neonazi“, daß der „Zentralrat der Juden in Deutschland“ Strafanzeige gegen den im Film portraitierten Neonazi Ewald Althans „und andere“ erstattet hatte. Zur Zeit darf „Beruf Neonazi“ nur mit einem Vorspann gezeigt werden, in dem sich der Regisseur von den im Film getroffenen Aussagen distanziert.

Im „Sputnik“ traf man sich also wieder einmal, um nach der Begutachtung des Films mit Podiumsgästen im Scheinwerferlicht den „Glaubenskrieg“ („Spiegel-TV“) über „Beruf: Neonazi“ fortzuführen. Auf dem Podium saßen nur Befürworter des Films: der Regisseur Winfried Bonengel, Dani Levy, Kultursenator Roloff-Momin, Torsten Teichert vom Hamburger Filmbüro. Der zunächst angekündigte Ignatz Bubis hatte sich entschuldigt. Und irgendwie wurde man den Eindruck nicht los, daß die Bubis-Ankündigung ohnehin nur eine PR-Aktion gewesen war.

„Sehen Sie selbst! Hören Sie selbst! Urteilen Sie selbst!“ hatte Bonengel augenzwinkernd unter den Vorspann geschrieben, in dem er sich, wie verlangt, von Althans' Aussagen distanzierte. Vom Ernst, der gewöhnlich Glaubenskriege auszeichnet, spürte man während der Aufführung nicht viel. Gelacht und gekichert wurde statt dessen, als handle es sich um einen besonders lustig-trashigen, Real-Life- Serial-Killer-Film. Wenn der in Kanada lebende, wie ein „IG Bau- Steine-Erden“-Gewerkschafter aussehende Neonaziführer Zündel in KZ-Uniform von der Weltherrschaft sprach, wenn Althans erklärte, es gäbe nichts Nationalsozialistischeres als Weihnachten, oder in Auschwitz lausbübisch witzelte, man solle alle Flöhe und Läuse vergasen, so wurde der Film wie das verliebt gefilmte Starportrait eines Negativhelden aufgenommen. Positiv beeindruckt zeigte man sich auf dem Podium. Roloff-Momin plädierte nun dafür, den Film mit kommentierendem Vorspann im Fernsehen zu senden.

Während ein Teil des Publikums („Ich als junger Mensch“, „Ich als Mutter“) betroffen darüber war, daß ein Neonazi nicht nur böse, sondern zuweilen auch sexy, schelmisch, sympathisch wirken könnte, erregten sich andere über die ungewollte Nazi-Propaganda des Films.

Bonengel, der den Propagandavorwurf damit konterte, daß Althans den Film doof fände, war mit dem etwas künstlichen „Glaubenskrieg“ übrigens sehr gedient. Am gleichen Abend sprach sich ein „Spiegel-TV“-Bericht für seinen Film aus und sendete einige Ausschnitte, und zur gleichen Zeit, in „Talk im Turm“, durfte er dann noch mit Ignatz Bubis, der eine schlechte Figur machte, über den Film diskutieren. Ingo Hasselbach, der Ex-Führer von Berlin, dem Bonengel übrigens bei seinem Ausstieg aus der Szene geholfen hatte, fand ein treffendes Schlußwort für den Neonazitag: „In jedem Fall freut sich Althans über die Diskussion.“ Detlef Kuhlbrodt

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