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US-Persilschein für Pakistans Aufrüstung?

■ Die Regierung in Washington will einschränkenden Gesetzeszusatz streichen

Neu Dehli (taz) – Die US-Regierung will Pakistan künftig wieder uneingeschränkt Militär- und Wirtschaftshilfe zukommen lassen. Sie möchte nämlich das sogenannte „Pressler Amendment“ streichen, das im Rahmen einer Neufassung des Gesetzes über Auslandshilfe zur Disposition steht. Dieser Zusatz, der auf Senator Larry Pressler zurückgeht, verpflichtet den Präsidenten seit 1985, einmal jährlich zu bestätigen, daß Pakistan über keine atomare Waffenkapazität verfügt. Sonst muß jede Militär- und Wirtschaftshilfe an das Land unterbleiben.

Im Jahr 1990 konnte die US-Regierung erstmals die Augen vor der offensichtlich gewordenen Atomwaffenkapazität Pakistans nicht mehr länger verschließen, und der Persilschein blieb aus. Im Dezember 1992 bestätigte Benazir Bhutto, daß in jenem Jahr zum ersten Mal auch eine Atomwaffe zusammengebaut wurde, ohne daß sie als Premierministerin davon gewußt habe. In einem Artikel im New Yorker zitierte der Journalist Seymour Hersh den damaligen CIA-Direktor Robert Gates, wonach 1990 Satelliteninformationen gezeigt hätten, daß Sprengsätze auch an F-16-Kampfbomber angebracht worden seien. Präsident George Bush fiel die Verweigerung weiterer Hilfe an Pakistan um so leichter, als das Land nach dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Afghanistan seine strategische Rolle weitgehend eingebüßt hatte.

Nach anfänglichem Zögern hat inzwischen auch Pakistan seine traditionelle Ambiguität gegenüber dem eigenen Atomprogramm aufgegeben. Im Februar 1992 bekannte Staatssekretär Shahryar Khan, daß sein Land über die Komponenten verfüge, die den Bau von Atomwaffen ermöglichen; den Besitz der Waffe stellte er allerdings in Abrede. Nach ihrer Machtübernahme machte auch Premierministerin Benazir Bhutto klar, daß Pakistan über eine nukleare Waffenkapazität verfüge, diese aber eingefroren („capped“) sei. Als ihr darauf Oppositionsführer Nawaz Sharif im Parlament vorwarf, die Sicherheit des Landes zu gefährden, sah sie sich zur Stellungnahme veranlaßt, ein „Zurückrollen“ oder gar eine Aufgabe des Atomprogramms komme nicht in Frage.

Während in Pakistan Regierung und Öffentlichkeit eine Aufgabe des Pressler-Amendment einhellig begrüßen würden, reagierten in Indien Zeitungen und Verteidigungsspezialisten konsterniert. Sie behaupten, daß die Annullierung im gegebenen Szenario Pakistan einen „Freibrief“ ausstelle. Die Zusicherungen des State Department, daß das Amendment wirkungslos gewesen sei, und daß die Zielsetzungen der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen im neuen Auslandshilfe-Gesetz umfassend berücksichtigt würde, wurden in Delhi zurückgewiesen.

Viel ernster wird in Indien die Bemerkung des Sprechers des US- Außenministeriums vom 24. November genommen, wonach ein Motiv für das Fallenlassen des Zusatzes „die Sorge über das militärische Gleichgewicht zwischen Indien und Pakistan“ gewesen sei. Dies wird dahingehend interpretiert, daß die USA verhindern wollen, daß sich das konventionelle Gleichgewicht zwischen beiden Staaten nicht zugunsten Pakistans verschiebt. Das Pressler-Amendment, so meint etwa der Verteidigungsexperte Jasjit Singh, habe es Indien erlaubt, seine Verteidigungsausgaben in den letzten Jahren zu senken; eine Wiederaufnahme der US-amerikanischen Waffenhilfe würde diesen positiven Trend abrupt umkehren. Bernard Imhasly

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