Wird die gelbe Post grün?

■ Post startet Großversuch mit Elektromobilen / Bremen will mitmachen

Post goes öko. Das Unternehmen mit bundesweit 55.000 gelben Stinkeautos will einen großen Teil seiner Fahrzeugflotte ausmustern und durch Elektromobile ersetzen und damit den Schadstoffausstoß um 25% reduzieren. Eine ganz neue, leichte und leistungsfähige Batterie soll den Durchbruch des Elektroantriebs bringen. Ab Januar 1994 startet der „gelbe“ Postdienst in Greven bei Münster einen Großversuch mit 45 Fahrzeugen. Parallel dazu hat sich in Bremen ein Konsortium aus Firmen, Behördenvertretern und Forschern zusammengefunden, die ihrerseits großes Interesse haben, an dem Postversuch mit einigen Fahrzeugen teilzunehmen.

Die „Zink-Batterie“ ist eine altbekannte Möglichkeit, Energie zu speichern. Für den Einsatz in Elektromobilen wurde diese Akkuart bislang als untauglich angesehen, weil sie zu wenig Energie speichern kann. Die israelische Firma EFL (Electric Fuel Limited) hat nun ein Verfahren entwickelt, die Energiedichte in einer Zinkbatterie ganz erheblich zu steigern - bis zum zehnfachen der herkömmlichen Bleiakkus. Die Post hat den neuen Batterietypus vom TÜV Bayern ausführlich testen lassen, und die Ergebnisse waren „sensationell“: Der EFL-Akku ist leichter als herkömmliche Batterien, entläd sich nicht selbst und besitzt eine praktisch unbegrenzte Lebensdauer. Mit einer Batterieladung fährt ein PKW über 300 Kilometer weit - das entspricht dem Wochenpensum der meisten Postfahrzeuge. Einziger Nachteil: Der Akku kann nicht an der Steckdose wiederaufgeladen werden, sondern muß im Ganzen ausgewechselt und recycelt bzw. regeneriert werden.

Für den Post-Großversuch in Greven, der über zwei Jahre laufen soll, kein Problem: Die leeren Batterien werden – wahrscheinlich von einem kleinen Roboter – in wenigen Minuten aus-, die frischen eingebaut. Bei einer Chemiefirma in Duisburg sollen die Akkus regeneriert werden. Am Großversuch sind weiterhin Siemens, Mercedes, Opel und einige Anlagenbauer beteiligt.

Erst wenn man den Elektromobil-Gedanken weiterspinnt, stößt man schnell an logistische Grenzen. Großflächig müßte ein System ähnlich dem Tankstellensystem entstehen. Kleine Regenerations- Anlagen wären denkbar, deren Energie von einem vergleichsweise umweltverträglichen Blockheizkraftwerk kommen könnte. Auch Solar- , Wind- oder Wasserkraft könnten die Ökobilanz verbessern helfen. Denkbar wäre, daß die Batterien zwecks solar betriebener Regeneration in ferne sonnenreiche Länder verschifft werden - technisch kein Problem. Alles Gedanken, die man sich zum Beispiel in Bremen macht. Hier sind der Bremer Vulkan, Systemtechnik Nord (STN), die Universität, die Stadtwerke sowie die Ressorts Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt im Gespräch. Die Zinkakku-Technologie könnte sich zu einem ökonomischen Renner entwickeln, da will niemand etwas verpassen. Jenseits vom Automobilbau sind gerade Firmen, die sich um Konversion Gedanken machen müssen, an den neuen Energiespeichern interessiert. Doch wie der Postversuch in Bremen begleitet werden kann, hängt vorab noch am Geld. Eine der Zinkbatterien, in Israel noch handgefertigt, kostet 100.000 Mark. Das Bremer Konsortium trifft sich Anfang Januar; dann soll festgelegt werden, wer mit wieviel Geld und wieviel Fahrzeugen einsteigt. In einem vom „Arbeitskreis Elektromobile an der Universität Bremen“ vorgelegten Entwurf ist von 47 geplanten Elektrofahrzeugen in Bremen die Rede; der Fuhrpark der Uni ist da genauso beteiligt wie die Spediteure der „City-Logistik“, die die Innenstadt mit Waren beliefern, der Flugplatz erwägt einen elektrischen „Gäste-Shuttle“, und das Rote Kreuz denkt über elektrisch angetriebenes „Essen auf Rädern“ nach. Diese Zahlen werden aber sicherlich nach unten korrigiert werden. Um das Geld wird heftig gepokert, denn die Post sucht nicht nur moralische Unterstützung bei Kooperationspartnern. Der Großversuch wird 24 Mio. Mark kosten.

Derweil versucht die Uni Bremen, die verkehrsplanerischen, logistischen und ökologischen Fragen eines großflächigen Einsatzes von Elektrofahrzeugen zu beleuchten. Im Umfeld des Bremer Instituts für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft gibt es eine Ringvorlesung „Elektromobile und städtische Verkehrskonzepte“, in der auch die entscheidende Frage der Emissionsreduzierung und der regenerativen Energien besprochen werden. Beschlossene Sache ist inzwischen, daß der Betriebshof der Uni eine kleine „Bastlerwerkstatt“ für E-Mobile erhält, mit Solaranlage auf dem Dach und Geld vom Wissenschaftsressor.

Burkhard Straßmann