Gebißsanierung gegen Musikanlage

■ Elektrotechniker soll sich eine kostspielige Zahnbehandlung erschlichen haben

Die Anklage klang schlüssig: Manfred B. (47) wird beschuldigt, „sich einer zahnärztlichen Behandlung unterzogen zu haben, ohne willens und in der Lage zu sein, die Kosten in Höhe von 21.800 Mark zu bezahlen“. Im Klartext: Betrug.

Doch die Wahrheit sah etwas anders aus. In der Tat begab sich der selbständige Elektrotechniker Manfred B. im Februar 1992 bei den Zahnärzten Angelika und Sven T. in Behandlung. Sven T. stellte dabei fest, daß die erst vor fünf Jahren für teures Geld gemachten Kronen sanierungsbedürftig seien. Kostenvoranschlag: 8000 Mark. Im Verlauf der mehrmonatigen Behandlung, so Manfred B. gestern vor Gericht, sei man aber über ein Kompensationsgeschäft ins Gespräch gekommen. Manfred B. sollte dem Zahnarztpaar eine Musik- und eine Gegensprechanlage einbauen, dafür wollte der Zahnarzt weitere Zähne sanieren. B.: „Er hat mir klipp und klar mündlich zweimal den Auftrag gegeben.“

Zahnarzt Sven T. dokterte dann auch munter im Gebiß von Manfred B. herum, bis Kosten in Höhe von 21.800 Mark entstanden waren. Dieser ließ sich die Rechnung geben und 18.000 Mark von seiner Privatversicherung erstatten. Doch als er seine Verpflichtungen erfüllen und die Anlagen einbauen wollte, so beteuerte Manfred B., habe der Arzt von dem mündlichen Vertrag nichts mehr wissen wollen. Da er nichts Schriftliches in der Hand hatte, rächte sich B. auf seine Weise: Er bezahlte die Rechnung nicht.

Im Zivilprozeß wurde der Techniker mittlerweile zur Zahlung der Summe verdonnert. Gleichzeitig erreichte ihn die Anklage wegen Betrugs, in der vorrangig festgestellt werden sollte, ob er sich die Zähne unter dem Vorsatz hat sanieren lassen, die 18.000 Mark Krankenkassenerstattung einzusacken. Denn dieses Geld hatte B. längst ausgegeben. Amtsrichter Ulrich Tempke gestern: „Solche Sachen gab es früher schon mal, als noch eine 120-Prozent-Überversicherung möglich war. Da hat man sich den Blinddarm rausnehmen lassen, um das Geld zu kassieren.“ Tempke mißtrauisch: „Zahnarztleistung gekoppelt an Handwerksleistung? Sowas mag es in Polen geben.“

Doch ganz sicher war sich der Richter dann auch nicht. Und selbst die junge Staatsanwältin gab zu bedenken, daß die Einlassung glauhaft klinge, da für den Rest der Behandlung schließlich kein Kostenvoranschlag vorgelegen habe. Tempkes Entscheidung: Einstelling des Verfahrens wegen geringer Schuld und dazu die Ermahnung: „Sie passen in Zukunft auf, daß Sie ihre Zahnarztrechnung bezahlen. Beim nächsten Mal werden Sie mit Ihrer Einlassung nicht durchkommen. Und denken Sie dran: Aufgrund Ihres Namens landen Sie wieder bei mir.“ Kai von Appen