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In Kabul wird weiter heftig gekämpft

■ UNHCR: Afghanische Flüchtlinge gerieten wieder zwischen die Fronten

Kabul/Genf (AFP/epd/taz) – Bei den heftigen Gefechten in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 54 Menschen getötet und mehr als tausend verletzt worden. Viele Verwundete warteten noch in ihren Wohnungen auf eine Möglichkeit, sich versorgen zu lassen. Die Kämpfe, die am Wochenende begonnen hatten, flammten am Dienstag nach einer kurzen nächtlichen Beruhigung wieder auf.

Wie Radio Teheran gestern meldete, informierten sowohl Repräsentanten des afghanischen Präsidenten Burhanuddin Rabbani als auch Vertreter des mit ihm verfeindeten nominellen Ministerpräsidenten Gulbuddin Hekmatjar das iranische Außenministerium, daß sie eine Waffenruhe akzeptieren wollten. Wann sie in Kraft treten soll, wurde indessen nicht bekannt. Das Teheraner Ministerium hatte am Abend des Vortages an die Konfliktparteien appelliert, die Kämpfe einzustellen, um eine Evakuierung der zahlreichen Verletzten zu ermöglichen.

Am Wochenende hatte sich der usbekische General Dostam überraschend mit dem bislang von ihm vehement abgelehnten Hekmatjar verbündet. Mit ihrer Offensive wollten die beiden Kriegsherren den nun sehr geschwächten Präsidenten stürzen, der von Hekmatjars anderem Erzfeind, dem ehemaligen Verteidigungsminister Achmed Schah Massud, unterstützt wird.

Am Montag hatten die Kämpfe auch auf den Norden des Landes, vor allem auf die Dostam-Hochburg Masar-i-Scharif, übergegriffen. Der General soll nach Angaben der afghanischen Botschaft in Islamabad dort schwere Verluste erlitten haben.

Die pro-iranische Fraktion der afghanischen Mudschaheddin, Hesb-i-Wahdat, dementierte unterdessen, an den Kämpfen in Afghanistan beteiligt zu sein. Die amtliche iranische Nachrichtenagentur zitierte am Dienstag einen Sprecher der Miliz mit den Worten, die Hesb-i-Wahdat wolle in den Auseinandersetzungen „neutral“ bleiben.

Aufgrund der wieder aufflammenden Kämpfe rechnet das UNO-Flüchtlingshochkommissariat mit größeren Flüchtlingsbewegungen in den Iran und nach Pakistan. Die Lage von 30.000 Flüchtlingen im Norden des Landes ist prekär, sagte ein UNHCR-Sprecher gestern in Genf. Im Lager Sakhi, wo 20.000 Menschen lebten, gebe es nur noch für drei Tage Brennstoff und für zwei Wochen Nahrungsmittel. Das Lager sei zwischen die Fronten geraten. Es gebe auch bisher unbestätigte Berichte, daß Lager des Welternährungsprogramms geplündert würden. Mehrere Millionen Flüchtlinge leben bereits seit Jahren im Iran und Pakistan.

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