: Wiedergutmachung von Nazi-Unrecht
■ Urteil: Nazis konnten Juden nicht ausbürgern
Berlin (AP/AFP) – Nicht nur Kinder, sondern alle nachkommenden Generationen von Juden, die in der Nazi-Zeit ausgebürgert wurden, haben Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in einem gestern veröffentlichten Urteil.
Die Enkel eines 1932 nach Brasilien ausgewanderten jüdischen Ehepaares, das seit 1941 aus rassischen Gründen ausgebürgert war, hatten ihre Einbürgerung beantragt. Der Antrag wurde zunächst von den Behörden mit der Begründung abgelehnt, der Anspruch stehe nur den Kindern der Ausgebürgerten zu. In allen Instanzen erfolgreich waren die Enkel mit einer Klage gegen die Behörden. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, daß nach juristischem Sprachgebrauch mit dem im Grundgesetzartikel 116 über die Staatsbürgerschaft verwendeten Begriff „Abkömmlinge“ nicht nur die Kinder, sondern alle Nachkommen gemeint seien.
Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Bestimmung über die Wiedergutmachung von Nazi-Unrecht im Zusammenhang mit der Staatsbürgerschaft. Das Gericht urteilte, Wiedergutmachung sei nicht nur gegenüber dem Ausgebürgerten und seinen Kindern, sondern auch gegenüber allen weiteren Abkömmlingen geboten, wenn diese infolge der Ausbürgerung die deutsche Staatsbürgerschaft nicht erwerben konnten.
Ein Grund für die Differenzierung zwischen Kindern und nachfolgenden Generationen sei nicht erforderlich (Aktenzeichen: BVerwG 1 C 35.93, Urteil vom 11.Januar 1994).
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