: Traumhaft schöner Doppelpaß
■ Betr.: „Sich langlegen oder sich querstellen?“ von Frieder O. Wolf, taz vom 10.1.94
„Nachdem die Kompetenzzuschreibung für Wirtschaftspolitik den Regierungsparteien verlorengegangen ist, können die Bündnis- Grünen heute darum kämpfen, die Hegemonie als Träger einer realitätssüchtigen [Hervorhebung H.R.] wirtschafts- und sozialpolitischen Initiative zu erringen.“ – Ist das nicht ein traumhaft schöner Doppelpaß von unerklärtem SätzerInnenkommentar und Freudscher Fehlleistung: Wie wirklich süchtig müssen Bündnis-Grüne heute eigentlich sein, um die Hegemonie als Träger jener Initiative zu kämpfen, whao.
Ich ahne schon, daß natürlich „realitätstüchtig“ in der Vorlage gestanden haben wird: Es ist schon ne ziemlich bemerkenswerte Parlamentarismus- und Staatssüchtigkeit erforderlich, um das auch nur denken zu können, bei den hiesigen Machtverhältnissen! Wieso bloß ist die parlamentarische Linke bei uns so unendlich viel staats- und parteienfixierter als der übergroße Rest der Mandatierten in allen Parteien und gar erst als das (Wahl-)Volk?
Den 13-Zeilen-Schlußsatz des Gastkommentators können wir uns in diesem Zusammenhang nur ziemlich bitter auf der Zunge zergehen lassen. Die Öko-Partei habe erst dann diesmal eine Chance, wenn in den Parteizellen frühestens ab 22.30 Uhr handstreichartig richtiges Bewußtsein von oben verordnet und diejenigen zu FunktionärInnen bestimmt werden, die dies Bewußtsein verkörpern... Von selbstverständlicher Beratung mit und institutionalisierter Öffnung zu außerparteilichen Gruppierungen und Menschen aus den Antiatominitiativen, der Friedensbewegung, der Frauenbewegung, den sozialpolitischen Selbsthilfegruppen, den ökologischen Initiativen, den Flüchtlings-, Asyl- und Internationalismusgruppen, den kulturschaffenden Inis für Multikulturalität: keine Rede! Anti-Partei? Hegemoniale Träger? Vielleicht Wasserträger im Sandkasten.
Bitte weiter solche herrlichen Druckfehler, und keine Asche aufs Haupt. Heiner Rosebrock, Hannover
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