■ Bodyguard
: Hollywood on Ice

Berlin (taz) – Shawn Eric Eckardt sieht nicht nur aus wie ein Leibwächter, er ist auch einer. Der vierschrötige 26jährige steht im Dienste der Eiskunstläuferin Tonya Harding und es erhärtet sich der Verdacht, daß er die vielfältigen Aufgaben, die solch ein Job mit sich bringt, sehr weit interpretiert hat. Am Donnerstag wurde Eckardt in Portland verhaftet, er steht im Verdacht, einer der Drahtzieher des Anschlages auf Nancy Kerrigan, schärfste Konkurrentin von Tonya Harding, gewesen zu sein.

Nancy Kerrigan war beim Training für die US-Eislaufmeisterschaften in Detroit durch einen Schlag mit einer Eisenstange am Knie verletzt worden. Sie konnte nicht antreten, Tonya Harding gewann den Titel. Dennoch wurde Kerrigan gemeinsam mit Harding für die Olympischen Winterspiele im Februar in Lillehammer nominiert. Ob sie dort starten kann, ist ungewiß.

Ebenfalls verhaftet wurde ein gewisser Derrick Smith aus Phoenix, Arizona, der als Vermittler fungiert haben soll. Als Täter steht der Neffe von Smith, Shane Standt aus Portland, im Verdacht. Er soll bereits vor den Titelkämpfen versucht haben, den Anschlag in Boston, dem Wohnort Nancy Kerrigans, auszuführen, schlechtes Wetter habe jedoch Training und somit Tat verhindert, so daß er erst in Detroit aktiv werden konnte. Der stellvertretende Polizeichef von Detroit, Benny Napoleon, dementierte, daß es auch einen Haftbefehl gegen Tonya Harding gebe: „Nach meinen Erkenntnissen hat sie mit der Sache nichts zu tun.“ Hardings stark verdächtiger Ex- Ehemann Jeff Gillooly, von dem sich die Eisläuferin im letzten August nach diversen handgreiflichen Auseinandersetzungen scheiden ließ, mit dem sie aber inzwischen wieder zusammenlebt, befand sich am Donnerstag ebenfalls noch in Freiheit.

Gillooly soll von Eckardt als Initiator des Anschlages beschuldigt und zudem durch einen Tonbandmitschnitt belastet werden. Auf dem Band ist angeblich zu hören, wie Gillooly mit Eckardt und Smith den Plan erörtert. „Warum bringen wir sie nicht einfach um“, fragt eine Stimme. „Wir brauchen sie nicht umzubringen. es reicht, wenn wir ihr auf das Knie schlagen“, ist die Antwort.

Zu Wort gemeldet hat sich außerdem ein alter Studienkollege des Harding-Leibwächters, ein gewisser Russell „Rusty“ Reitz. Er gab an, daß ihn Shawn Eckardt zwei Tage vor dem Attentat auf Kerrigan gefragt hate, ob er jemanden für 65.000 Dollar töten würde. Er habe abgelehnt. Ob er jemandem das Bein brechen würde, sei er dann gefragt worden, und Eckardt habe hinzugefügt: „Ich habe einen Job in Detroit, ich schicke ein Team hin.“ Er, Rusty, sei jedoch kein Typ für so was und habe nicht mitgemacht.

Die Rivalität der beiden Eisläuferinnen hat eine lange Geschichte. Die 23jährige Tonya Harding, die des öfteren von Asthmaanfällen geplagt wird, aber dennoch gelegentlich gern raucht, ist als zähe Kämpferin bekannt. Sie war mit 14 die erste Läuferin der Welt, die den dreifachen Axel beherrschte. Bei der Weltmeisterschaft 1991 wurde sie Zweite, Kerrigan kam auf Platz drei. Ein Jahr später in Albertville gewann dann Nancy Kerrigan die Bronzemedaille, während Harding nur einen enttäuschenden vierten Rang belegte. Ein herber Verlust, denn die Popularität des Eiskunstlaufens in den USA ist immens. Der Wert einer Goldmedaille bei Olympischen Spielen wird auf etwa zehn Millionen Dollar geschätzt.Matti