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Gewoba-Chefwahl zum Zweiten

■ Bausenatorin schreibt die Stelle auf Druck von FDP und Grünen unter Protest neu aus

Das Bewerbungsverfahren für die Geschäftsführerstelle der Gewoba wird neu aufgerollt. Nachdem der Streit um das Auswahlverfahren, bei dem der Bau-Staatsrat Jürgen Lüthge auf den ersten Platz gekommen war, am Montag abend im Koalitionsausschuß drei Stunden lang getobt hatte, biß Bausenatorin und Gewoba-Aufsichtsratsvorsitzende Eva-Maria Lemke- Schulte gestern in den sauren Apfel und gab die Neuausschreibung des mit über 200.000 Mark äußerst lukrativen und mit der Regentschaft über 50.000 Bremer Wohnungen politisch bedeutenden Jobs bekannt.

Gewürzt hat sie diese Erklärung gestern aber mit scharfen Angriffen auf Grüne und FDP. „Menschlich bin ich von den Kollegen zutiefst enttäuscht“, sagte sie, sie hätten noch nicht einmal „ein Minimum an Fairness“ gezeigt und „unter dem Deckmantel angeblicher Filzbekämpfung populistischen Druck auf die SPD ausgeübt“. Obwohl sie sich in der Sache überhaupt nichts vorzuwerfen habe, habe sie diesem Druck am Ende nachgeben müssen. Den Ausschlag dafür habe gegeben, daß Grüne und FDP am Montag abend „unmißverständlich angedroht haben, dem von der CDU in die Bürgerschaft eingebrachten Antrag, die Gewoba-Stelle neu auszuschreiben, zuzustimmen“.

Unterstützung hatte Lemke- Schulte im Koalitionsausschuß von Bürgermeister Wedemeier bekommen. „Der SPD-Filz-Vorwurf ist für uns unterträglich“, sagte er gestern, „denn es gab keine Verfahrensfehler.“ Und zu dem ausgewählten Bewerber Lüthge: „Ich kann ihn nur ermuntern, sich jetzt erneut zu bewerben.“

Ob er das tut, will Lüthge sich erst noch überlegen. Trotz allem Ärger sei er nach dem ersten Bewerbungs-Durchgang zumindest „ein bißchen stolz, gegen zahlreiche Mitbewerber von einer – mit Verlaub gesagt – konservativen Personalberatungsfirma auf Platz Eins gesetzt“ worden zu sein. Im Februar fährt er jedenfalls erstmal auf die Galapagos-Inseln in Urlaub. Lüthge gestern: „Dort gibt es viele wilde Tiere, denen man aber völlig ungefährdet ins Auge sehen kann.“

Als „Erfolg der Erneuerung der politischen Kultur in Bremen“ feierte gestern der grüne Fraktionssprecher Martin Thomas die Neuausschreibung der Gewoba-Chef- Position. Die „Uneinsichtigkeit“ der Bausenatorin, die partout keinen Verfahrensfehler sehen wolle, findet er „bedauerlich“. Wie sich das zweite Bewerbungsverfahren allerdings vom ersten unterscheiden wird, vermochte Thomas nicht zu sagen: „Darüber muß jetzt der Gewoba-Aufsichtsrat nachdenken.“

Ähnlich zurückhaltend äußerte sich gestern auch der FDP-Vertreter in diesem Gremium, Peter Braun. Ob er im Aufsichtsrat die Abberufung von Lemke-Schulte als Mitglied des Personalausschusses beantragen werde, das wisse er noch nicht. Es stelle sich aber die „Frage, ob sie nach ihrer Presseerklärung nun als Aufsichtsratsvorsitzende zurücktreten muß“.

Der Gewoba-Aufsichtsrat wird am Freitag die Neuausschreibung der Stelle beschließen. Eine Änderung des Bewerberauswahlverfahrens hat dessen Vorsitzende, Lemke-Schulte, allerdings bisher nicht vor. „Ich bleibe Mitglied des dreiköpfigen Personalausschusses“, sagte sie gestern, „außer der Aufsichtsrat bestimmt etwas anderes“. Auch das Personalberatungsunternehmen Kienbaum, das bereits die erste Auswahl durchgeführt hatte, solle ihrer Meinung nach wieder engagiert werden. Bis zu einer erneuten Entscheidung sei allerdings mit einem halben Jahr Vorlauf und neuen Kosten von weit über 100.000 Mark zu rechnen.

Dirk Asendorpf

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