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'Purer Wahnsinn'

■ Lokalmatador Kappes und Kumpel Clark gewannen Sixdays

„Das ist Wahnsinn, das ist purer Wahnsinn.“ Dem Moderator, Edgar Mielke, des Finales fehlten fast die Worte, um die atemberaubende Spannung bei den lezten Runden der Radfahrer zu beschreiben. Als der junge Schweizer Bruno Risi zum wiederholten Male einen gelungenen Ausreißversuch präsentierte, hauchte Mielke ins Mikro: „Wo nimmt der Mann bloß die Kraft her?“ Auch die 20.000 ZuschauerInnen knisterten schier vor Spannung, als der Bremer Lokalmatador und sein Kompagnion Danny Clark den Endkampf mit dem Schweizer Team Risi und Kurt Betschart lieferte. Das Siegesgewitter für das Siegerpaar Kappes und Clark erschütterte die Halle.

Als die letzten Runden eingeläutet wurden, ließen selbst die Gäste in den Ehrenlogen von ihren La Bamba-Tänzen ab, um den Kopf in Richtung der rasenden Meute zu drehen. Als nur noch fünfeinhalb Minuten zu fahren waren, schien das Rennen eine einzige Sache zwischen den Paaren Clark/Kappes, Risi/Betschart und Freuler/Wolf (letzterer stammt aus Delmenhorst) zu werden. „Jetzt kommt hier langsam Nervenkitzel in die Runde...“, weiter kam Mielke nicht mit seinem Kommentar, als die Meute das Tempo auf den letzten Runden ungeheuerlich anziehen musste, damit der Vorsprung der Kraftmaschine Risi nicht ins Uferlose wuchs. Bei den letzten zweieinhalb Minuten hatte Risi sich einen Vorsprung von 50 bis 60 Metern erkämpft.

„Absoluter Wahnsinn“, die Stimme des Moderators trug Merkmale einer beinahe hysterischen Heiserkeit. Das „sensationelle Rennen“ endete mit einem dritten Preis für Freuler/Wolf, dem wohlverdienten zweiten für Risi/Betschart und dem vierten Sieg des Bremer Sechstage-Rennens für Kappes und für den dritterfolgreichsten Sechstagerennfahrer überhaupt, Clark. Und er will wiederkommen, versprach er.

Ein Sechstage-Rennen hält man durch: Ob man da Jean-Michel Monin und Eric Magnin (beide Frankreich) heißt, und mit 32 Runden Rückstand doch noch mit Schmackes ins Ziel fährt, oder ob man beim Stand des Lesezirkels noch um 22.30 Uhr für Werbung sorgen muß. Die Erschöpfung steht um dieser Zeit jedem ins Gesicht geschrieben, die sechs lange Tage in der Stadthalle hinter sich haben. Auch die Rotkreuz-HelferInnen lehnten sich schon während der Siegesfeier erschöpft zurück. Immerhin waren 250.000 Plastikhumpen Bier und 60.000 Glas Champagner durch die Kehlen der BesucherInnen geflossen.

Da kann es dann schon zu Einsätzen der ehrenamtlichen DRK- HelferInnen kommen. „Viele überschätzen sich, und sind dann irgendwo in der Ecke eingeschlafen“, erläutert Andreas Wübbena, Hauptamtlicher Abteilungsleiter der Einsatzzentrale vom Roten Kreuz. In der Regel reiche es aus, die Leute ein bißchen zur Ruhe kommen zu lassen, dann würden sich die meisten sofort ein Taxi schnappen, um nach Hause zu kommen. „Die Anzahl der Hilfeleistungen sind ganz allgemein auf allen Großveranstaltungen jedoch zurückgegangen. Die Leute werden wohl vernünftiger“, mutmaßt Wübbena. Täglich waren 20-25 HelferInnen im Einsatz.

Wer wissen wollte, ob er auch im nächsten Jahr eine Karte ergattern werde, ließ sich von einem Wahrsager aus der Hand lesen. Bevor er dann das letzte einsame Seelachsbrötchen aus der Auslage bestellte, den erworbenen Filzhut tiefer in die Stirn drückte und ins winterkalte Bremen hinaustaumelte.

Vivianne Agena

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