: Bahn im blauen Dunst
■ Kampf gegen Glimmstengel: Nichtraucher fordern Unterstützung von BVGlern / Doch die rauchen selbst / Vorbildliches Verhalten in anderen Großstädten
Recht haben und recht bekommen sind zweierlei. An diesem Widerspruch leidet Doris Barnekow, Vorsitzende des nach ihren Angaben 1.000 Mitglieder zählenden Nichtraucherbund e.V., vor allem beim Bahnfahren. Auf den Bahnsteigen der U-Bahn fühlt sie sich „jeden Tag“ vom blauen Dunst belästigt. Am Hermannplatz sei es „schlimm“, am Zoo bekomme sie „keine Luft mehr“. Es wird gequarzt, was das Zeug hält – trotz der offiziell geltenden rauchfreien Zonen.
Mit ihrem Anliegen, das Rauchen in der Öffentlichkeit einzuschränken, steht sie nicht allein da. Noch diesen Monat will eine fraktionsübergreifende Abgeordnetengruppe den Entwurf eines Nichtraucherschutz-Gesetzes in den Bundestag einbringen – doch während im fernen Bonn neue Paragraphen gegen Paffer erst vorbereitet werden, drängen Barnekow und ihr Verein auf die Einhaltung längst geltender Ge- und Verbote.
Ihr größtes Ärgernis beim Bahnfahren: Bei Auseinandersetzungen mit Tabakkonsumenten gebe es keine Unterstützung von BVG-Mitarbeitern. Für das mangelnde Engagement hat Ulrich Mohnecke, Abteilungsleiter des Vorstands, eine Erklärung. Raucher würden schnell aggressiv werden. Jene hätten auch deshalb wenig Einsehen, weil manche der eigenen Mitarbeiter schließlich auch rauchten, und das könne man ihnen in ihrem Dienstzimmer auch nicht verbieten.
Selbst die auf den Bahnsteigen immer noch angebrachten Aschenbecher verteidigt der Abteilungsleiter – auf Berliner Bahnhöfen ist das Qualmen seit 1976 untersagt. Raucher, glaubt Mohnecke, interessierten die Behälter überhaupt nicht, solange sie die Glut auf dem Fußboden austreten könnten. Eine teure Reinigung: „Sie bezahlen für Ihre Zigarette etwa 23 Pfennig“, hieß es im vergangenen Jahr auf Werbeplakaten der BVG, „Ihr Verkehrsbetrieb gibt jährlich 2,3 Millionen Mark für die Kippen aus.“
Das Unternehmen könnte schon mit geringem Aufwand für gute Luft sorgen, meint dagegen Nichtraucher-Lobbyistin Barnekow. Aschenbecher auf Bahnsteigen abschaffen, an Eingangsbereichen gemeinsam mit Hinweisschildern anbringen, Durchsagen über Lautsprecher und ein Verbot von Tabakwerbung im Bahnsteigbereich. Die Forderungen sind nicht abwegig. „Wir haben das Personal gebeten, erst mal selbst nicht zu rauchen“, berichtet Dietmar Ross, Sprecher der Kölner Verkehrsbetriebe der taz. Aschenbecher auf Bahnsteigen gibt es längst nicht mehr. Die Münchner Stadtwerke haben glatt die Werbung für Rauchwaren untersagt.
Ein Schritt, den sich Detlef Kuno, Abteilungsleiter der in Berlin zuständigen Vereinigten Verkehrsreklame, nicht vorstellen mag. Der Anteil der Lullen-Werbung konnte zwar von vier Fünfteln im Jahr 1988 bis heute auf ein Drittel reduziert werden, aber die BVG sei auf jede Einnahmequelle angewiesen. Dem Nichtraucherbund sei allerdings unbenommen, Werbefläche einzukaufen. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen