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Falsch zusammengesetzt

■ Manche Holzpuzzles strotzen nur so vor giftigen Schwermetallen und Formaldehyd / Einzige Kaufhilfe: Schnuppern als Vorsichtsmaßnahme

Hersteller von Holzspielzeug halten sich viel auf die angebliche deutsche Wertarbeit zugute. Die Firma Sigikid leistet sich gar einen Aufkleber in Schwarz-Rot-Gold mit dem Spruch „In Deutschland erdacht, in Deutschland gemacht“. Mit der Wertarbeit ist es oft allerdings nicht weit her. Zu diesem Ergebnis kam das Öko-Test-Magazin im Rahmen eines Tests von Holzpuzzles.

Bei Sigikid wurde ein Puzzleteil mit einer gelben Farbe bemalt, die das Sechsfache der erlaubten Chrommenge und sogar das Dreißigfache der erlaubten Bleimenge abgibt. Das Spiel dürfte überhaupt nicht verkauft werden. Diesem Fall und weiteren attestierte unser Labor in seinem Gutachten „nicht verkehrsfähig“.

In der Theorie ist die Sicherheit von Spielwaren bestens geregelt. Die Europäische Gemeinschaft (EU) hat dafür die Norm EN 71 erlassen und das sogenannte CE- Zeichen geschaffen. Wer Spielzeug verkauft, muß das CE-Zeichen aufdrucken und damit garantieren, daß er die Vorschriften einhält. Allerdings: Paradoxerweise verleiht sich jeder Hersteller sein Zeichen selber.

Das Hamburger Labor Dr. Wiertz hat für Öko-Test 35 Puzzles untersucht. Das Team fand bei Kandidaten mit CE-Zeichen zahlreiche Mängel. Andere Produzenten machten sich nicht einmal die Mühe, das vorgeschriebene Siegel aufzudrucken.

Sechs Modelle wurden abgewertet, weil der Warnhinweis fehlt, daß die Teile verschluckbar und damit für Kinder gefährlich sein können. Die Farben einiger Puzzles glänzten ebenfalls nicht mit Qualität. Neben Sigikid fielen wegen Überschreitung der Höchstmengen an giftigen Schwermetallen auch die „Bremer Stadtmusikanten“ von Decor-Spielzeug durch: In der gelben Farbe fand das Labor mehr als doppelt soviel Blei wie erlaubt ist.

Chlor und Blei in Babymund

Im Grenzbereich der zulässigen Bariummenge lag der „Bilderwürfel Spielzimmer“ von Selecta. Die im Prospekt des renommierten Herstellers verhießene „zusätzliche Selecta-Sicherheit“ war diesem Geduldsspiel jedenfalls nicht anzumerken.

Fast die Hälfte des untersuchten Spielzeugs wurde wegen Formaldehyd abgewertet. Von diesem krebsverdächtigen und allergieauslösenden Stoff will Öko-Test allenfalls Spuren tolerieren. Formaldehyd kommt mit dem Klebstoff des Sperrholzes ins Kinderzimmer. Einige Konzentrationen waren so hoch, daß die Empfehlung nur „nicht empfehlenswert“ lauten konnte.

Während Experten staatlicher Untersuchungsämter ab 110 Milligramm pro Kilo (mg/kg) die Brauen hochziehen, kam das „Steckpuzzle Bauernhof, Feuerwehr & Zirkus“ vom Otto-Versand auf 340 mg/kg. Neckermann machte beim „Holz-Puzzle Fahrzeuge und Bauernhof“ sogar 580 mg/kg möglich. Aus derart belastetem Material dürften nicht einmal Möbel geschreinert werden.

Qualitätsmängel sind beim Einkaufen nur schwer feststellbar. Stark riechende Farben verraten immerhin Lösemittel, Abtasten hilft Holzsplitter zu erkennen.

Neckermann nahm nach diesem peinlichen Ergebnis übrigens sein Holzpuzzle aus seinem Sortiment. Er vertrug sich schlecht mit dem gerade fertiggestellten Umweltbericht, in dem Neckermann unter dem Motto „Klares Aus für Schadstoffe“ Formaldehyd den Kampf ansagt. Jochen Paulus

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