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Unruhe vor dem Sturm

■ Tarifkampf in der Metallindustrie spitzt sich zum Systemkampf zu

Hamburg (taz) – In den Strategiestäben des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und der Industriegewerkschaft Metall herrscht dieser Tage hektische Betriebsamkeit. Während die IG Metall die alten Standards verteidigt und bereit ist, dafür Lohnverzicht gegen Beschäftigungssicherung zu üben, will der Arbeitgeberverband, getrieben von seinen radikalisierten mittelständischen Betriebschefs, das deutsche Tarifsystem von Grund auf ändern. Flächentarife sollen lediglich Mindestlöhne und flexible Rahmenbedingungen erhalten, Lohn und Arbeitsorganisation in Zukunft auf Betriebsebene ausgehandelt werden.

Die bisher 30 regional geführten, aber jeweils zentral gesteuerten Verhandlungsrunden zwischen Passau und Flensburg blieben ohne Ergebnis. Auch die bislang drei geheimen Acht-Augen-Treffen zwischen IGM-Chef Zwickel, Vize Walter Riester, Gesamtmetall-Chef Hans-Joachim Gottscholl und seinem Geschäftsführer Dieter Kirchner, in welchen die IGM-Spitze verschiedene Angebotspakete offerierte, erbrachten keine Lösungsperspektive. Wenn an diesem Freitag die Friedenspflicht abläuft, will die IG Metall mit groß angelegten Warnstreiks die Metallarbeitgeber „wieder an den Verhandlungstisch zwingen“. Diese wiederum bereiten Warn- Aussperrungen vor und wollen Streikende von der Rückkehr an ihren Arbeitsplatz hindern. Kommt es innerhalb der ersten Februarwochen nicht zur Schlichtung, droht, so vermelden beide Hauptzentralen, einer der größten und härtesten Arbeitskämpfe der Nachkriegszeit.

IG-Metall-Vize Riester, ein bedächtiger schwäbischer Intellektueller, bemühte sich am Wochenende auf einer Mobilisierungsveranstaltung in Hamburg, den Ernst der Lage deutlich zu machen: „Wenn bisher nicht alles Show war, dann stehen wir nicht nur vor der kompliziertesten, sondern auch vor der härtesten Tarifauseinandersetzung in der Geschichte der Bundesrepublik.“ Keine ganz einfache Aufgabe, so räumte er ein, schließlich gehöre es zum Ritual der Tarifkämpfe, „die jeweilige Tarifrunde als die härteste“ zu bezeichnen. Diesmal seien das mehr als bloße Worte: „Wir sind an einer Wendemarke.“ Man stehe kurz vor „einem gesellschaftlichen Großkonflikt“.

Noch nie waren kurz vor Auslaufen der Friedenspflicht Arbeitgeberforderung und Gewerkschaftsangebot so weit auseinander. Die Metallarbeitgeber fordern unter anderem die völlige Streichung des Urlaubsgeldes, Urlaubskürzungen bei Krankheit oder Kurzarbeit und die betriebliche Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche. Die Annahme dieses Forderungspaketes, so die Metallunternehmer, sei Voraussetzung für die Bereitschaft zu einer Nullrunde bei den Löhnen. Ansonsten sei direkte Lohnsenkung angesagt. In der IG-Metall-Spitze herrscht nach wie vor große Unsicherheit über die eigene Kampfbereitschaft. Komme es zu großflächigen Aussperrungen, so ein Insider, drohe eine Belastungsprobe der Organisation mit ungewissem Ausgang. Florian Marten

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