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Rathenau als Namenspatron im Zwielicht

■ Fachhochschule für Wirtschaft und Technik zieht eigenen Namensvorschlag zurück / DDR-Professoren vermissen Diskussion und wollen eine "politisch nicht exponierte Persönlichkeit"

Walter Rathenau soll es nicht sein. Eine Reihe von Professoren der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik (FHTW) will die herausragende Politikerfigur der frühen Weimarer Republik nicht als Namenspatron. „Wenn schon ein Name, dann wäre der einer politisch nicht exponierten Persönlichkeit glücklicher“, schreibt einer der Professoren der in Gründung befindlichen Fachhochschule. Das Ressentiment gegen den promovierten Ingenieur, Schriftsteller und Politiker Rathenau kommt nicht von ungefähr: Auf dem Campus der FHTW in Karlshorst residierte früher die Kaderschmiede „Hochschule für Ökonomie“ – und die trug den Namen des langjährigen Vorsitzenden der Staatlichen Planungskommission der DDR, Bruno Leuschner.

So kommt es, daß die im April per Gesetz zu gründende Fachhochschule vor dem Wissenschaftsausschuß mindestens vorläufig einen Rückzieher machen mußte. Vor den verdutzten Abgeordneten – die angetan waren von dem Vorschlag – nahmen die Gründungsrektoren selbst Abstand davon, künftig einer „Walter-Rathenau-Hochschule Berlin“ vorzustehen. Während die StudentInnen der Wirtschafts-Fachbereiche ihre „vollste Unterstützung“ bekundeten, trugen vor allem die aus der DDR stammenden Professoren Bedenken gegen Rathenau vor. Nur eine breite Diskussion ermögliche eine Identifikation mit dem Namen Rathenau.

Die Professoren bemängeln, das bisherige Verfahren erinnere „vor allem ehemalige DDR-Bürger an vergangene Namensverleihungen von oben“. Anders als das Gründungsrektorat glauben sie, Rathenaus Name werde mutmaßlich nicht als Synonym für das breite Fächerspektrum der Hochschule stehen. Gerade das aber ist für Gründungsrektor Rainer Knigge das entscheidende Argument: Wie Walter Rathenau vereine keine andere Persönlichkeit die in der FHTW gelehrten Bereiche Wirtschaft, Technik und kulturelles Engagement.

Der 1867 geborene Rathenau gilt als umfassend befähigte Figur: Der deutsche Jude studierte und promovierte in technischen Fächern; er rückte später in die Konzernspitze der Allgemeinen Electricitäts-Gesellschaft (AEG) seines Vaters Emil auf. Der Kulturmensch Rathenau stand in engem Kontakt zu Schriftstellern wie Gerhard Hauptmann oder Robert Musil.

An seinen Schriften stoßen sich die Professoren. Rathenau schrieb etwa von einem „zum Arsenal umgeschaffenen Land, in dem alle Unbewehrten Rüstung schmieden“. So zitiert ihn Wolfgang Brösicke, Professor für Elektrotechnik an der FHTW, richtig. Er verweist auf Rathenaus Tätigkeit als effizienter Organisator der Reichs- Rohstoffbewirtschaftung, die den Ersten Weltkrieg erst möglich machte, und will damit „Anlaß zum Nachdenken und zur Diskussion geben“. Rektor Knigge, der Befürworter des Namens Rathenau, sieht die militaristischen Äußerungen als Symbol dafür, wie sehr Rathenau die „Widersprüchlichkeit“ seiner Zeit widerspiegelte. Obwohl Industrieller, plädierte Rathenau für eine Art Planwirtschaft. Der Chemiker und Maschinenbauer Rathenau kritisierte die „Mechanisierung des Geistes“ als die Geißel der Moderne. In antisemitisch anmutender Schärfe distanzierte sich Rathenau von den Ostjuden – und predigte, selbst Jude, die Assimilation. Trotz all dieser Widersprüche bleibt Rathenau für Knigge „eine per Saldo positiv besetzte Persönlichkeit“.

Aus diesem Saldo wird bei manchem Biographen die „Megaperson“ Rathenau. Der Mythos beruht auf der Verknüpfung des heimtückischen Mordes an Walter Rathenau mit dem Untergang der Weimarer Republik. Antisemitische und rechtsextreme Freikorps- Mitglieder erschossen 1922 den angesehenen Außenminister, als er auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere war – ein Anschlag, der sich explizit gegen die erste deutsche Republik richtete. Christian Füller

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