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UNO darf Menschenrechte nicht verletzen

Die Menschenrechtsorganisation amnesty international fordert die Einhaltung der hart erkämpften internationalen Standards und Konventionen bei Friedensmissionen  ■ Von Jutta Lietsch

Berlin (taz) – „Friedenshüter dürfen sich niemals über das Gesetz stellen“, forderte die Menschenrechtsorganisation amnesty international gestern in London. Aus den Erfahrungen mit bisherigen Peace-keeping-Einsätzen müsse die UNO lernen, daß ihre Blauhelme niemals die hart errungenen Menschenrechtsstandards der UNO verletzen dürfen. Wenn UNO-Soldaten zulassen, daß Menschen unter ihren Augen mißhandelt, vertrieben oder ermordet werden – oder wenn sie sogar selbst daran beteiligt sind –, dann ist das nicht nur für die Opfer entsetzlich. Es kann den gesamten Friedensprozeß in dem betreffenden Land in Frage stellen, erklärte ai. Als Beispiel nannte amnesty international Einsätze in Angola und Somalia, wo die UNO durch ihr massives militärisches Engagement sicherstellen wollte, daß das Morden zwischen Angehörigen verschiedener Klans aufhören und Hilfsgüter an die Bevölkerung gelangen konnten. Doch alle erreichten Erfolge seien durch die fünf Monate währende Auseinandersetzung zwischen den UNO-Truppen und der Gruppe um General Farah Aidid zunichte gemacht worden. In dieser Zeit hätten die Blauhelme Hunderte SomalierInnen getötet oder festgehalten und dabei in vielen Fällen international anerkanntes Recht verletzt.

In Angola habe die UNO nicht verhindert, daß beide Bürgerkriegsparteien nach den Wahlen 1992 weiterhin Hunderte von Menschen umbrachten. Die Unfähigkeit der Weltorganisation, Maßnahmen gegen die verbreiteten Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten durchzusetzen, trug nach Ansicht von ai zum Zusammenbruch des Friedensprozesses bei.

Aus anderen, positiveren Erfahrungen habe man gelernt, daß die systematische Beachtung der Menschenrechte bei Blauhelmeinsätzen möglich ist und erfolgreich sein kann. Amnesty international legte der UNO daher ein „15-Punkte- Programm zur Durchsetzung der Menschenrechte bei internationalen Friedenseinsätzen“ vor. Darin heißt es unter anderem, daß die UNO sich selbst verbindliche Regeln und Standards geben muß. Jede Menschenrechtsverletzung der verschiedenen Kriegs- oder Bürgerkriegsparteien muß öffentlich gemacht und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Aber auch das Verhalten der UNO-Soldaten selbst soll streng überprüft und Verfehlungen sollen geahndet werden. Dazu ist eine unabhängige UNO-Instanz vonnöten. Eine wichtige Rolle kann das neu geschaffene UNO-Menschenrechtskommissariat übernehmen.

Mit ihrem Appell an die UNO- Verantwortlichen für Friedensmissionen greift amnesty international ein für die UNO heikles Thema auf. Dabei geht es nicht nur um die institutionelle Verankerung von Menschenrechtsschutz in der Praxis der Weltorganisation. Es geht auch um die Durchsetzung von Standards. Wie ein regionaler UNO-Kommandeur während des Einsatzes in Kambodscha erklärte: „Es ist fast unmöglich, UNO-Soldaten in ihre Heimatländer zurückzuschicken, wenn sie den Anforderungen nicht entsprechen. Denn die Entsendeländer der betreffenden Soldaten würden es im Zweifel immer als politisch motivierten Akt begreifen. Als Affront gegen ihr eigenes Land. Das gibt diplomatischen Ärger und ist besser zu vermeiden.“

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