Ein Zar gegen Italiens Linke

■ Medienkrösus Silvio Berlusconi will bei den Parlamentswahlen kandidieren

Rom (taz) – Wie festgenagelt saß er hinter seinem Schreibtisch, die Hände übereinandergelegt, oder – einzige Bewegung während der Zehnminuten-Message – aufgestützt und in Kinnhöhe verschränkt: Medienzar Silvio Berlusconi macht Ernst mit seinem Einstieg in die Politik. Seine schon seit Wochen mit Riesen-Geldeinsatz getätigten Gründungen von Clubs für die Bewegung „Forza Italia“ wurden am Mittwoch abend von einer minutiös vorgeplanten, dutzende Male aufgezeichneten Ankündigung der Parlamentskandidatur gekrönt.

Hauptaussage: „Ich habe mich entschlossen, mich selbst der Politik zu widmen, weil ich nicht in einem Land leben möchte, das liberal ist, jedoch von einer unreifen Schicht regiert wird, die immer noch an die alte Politik rückgekoppelt ist.“ Und: „Das Kartell der Linken bedroht uns alle mit ihrem noch immer nicht mutierten Kommunismus.“

Trotz dieser klaren Schwarzweiß-Botschaft geriet das Spektakel erneut – wie schon Berlusconis erste Auftritte vor der Auslandspresse vor zwei Monaten – zum Fiasko, obwohl diesmal keine unbequemen Reporter störten.

Schon bevor die Vorsitzenden der anderen Parteien mit der Kommentierung von Berlusconis Sprüchen loslegten, zeigte der erste staatliche Fernsehkanal RAI, daß es dort mit der althergebrachten Betulichkeit und Unterwürfigkeit gegenüber den Mächtigen vorbei ist.

Gnadenlos erklärte ein Fernsehtechniker die Aufnahmen Berlusconis: Die leichte Verwaschenheit des Bildes sei durch „einen Filter oder einen Damenstrumpf, den versierte Kameraleute vors Objektiv spannen, entstanden. Denn dann sieht man die Falten und auch das bei Nervosität verräterische Augenglitzern nicht mehr.“ Der aus den USA eingeflogene Furio Colombo berichtete bei jedem Detail, welchem amerikanischen Fernsehspot Berlusconi seine Message, seine Haltung, seine Bewegungen abgenommen hat.

Zur besonderen Lachnummer erklärten nicht nur die Parteichefs, sondern nahezu unisono alle Journalisten außerhalb des Berlusconi- Imperiums die Vorwürfe des Medienmannes, die derzeit kandidierenden Politiker seien allesamt „Symbole des Vergangenen“. Als wäre nicht gerade er der Hauptsponsor der oberkorrupten Sozialistischen Partei und speziell von deren Chef Bettino Craxi gewesen, der sich umgekehrt mit unzähligen Geschenken für die kostenlose Publicity bedankte.

Der Zar wird es also nicht leicht haben. In den nächsten Wochen muß er zunächst intensiv nach Verbündeten suchen, die nicht so an ihm herummäkeln. Das seit den letzten Wahlen entleerte politische Zentrum bietet zwar viel, viel Platz – doch da sind bereits ein Dutzend Aspiranten, mit denen Berlusconi konkurrieren muß, wenn er nicht nur eine unter mehreren Kräften sein will, sondern deren Führer. Der ihm lange nahestehende Leiter des moderaten „Paktes für Italien“, Mario Segni, ist mittlerweile übervorsichtig beim Eingehen von Allianzen geworden – am Wochenanfang hatte er ein Bündnis mit den norditalienischen „Ligen“ geschlossen, das am Tag danach bereits wieder Makulatur war, weil sich die Oberitaliener Kontakte Segnis mit der ihm durchaus nahen Volkspartei verbaten. Umgekehrt sind die Ligen für Berlusconi auch nicht der ideale Partner, denn sie wollen als absolut eigenständige politische Kraft auftreten.

Furio Colombo brachte die Sache auf den Punkt: „Er will ein italienischer Ross Perot werden. Doch Perot hatte dort, wo er seine Stimmen holen wollte – bei den Nichtwählern und bei den Unentschiedenen zwischen Bush und Clinton – keine Gegner, er brauchte keine Verbündeten, er brauchte nur das Volk, weil er direkt für das höchste Amt kandidieren konnte. Das ist der Unterschied: Mediengewalt und viel Geld reichen in Italien sicher für ein gutes Abschneiden im Wahlkreis, aber noch lange nicht für ein Amt in Rom.“ Werner Raith