Fürs Gerechte: Hans Beimler

■ Straßennamen, Teil 5: Der Kommunist und Spanien-Kämpfer Hans Beimler

Durch die geplanten Straßenumbenennungen im Ostteil der Stadt drohen Persönlichkeiten der Berliner Geschichte in Vergessenheit zu geraten. In einer Serie geht die taz der Frage nach, welche Schicksale sich hinter den Namen verbergen. Nach der Vorstellung von Erich Habersaath am Donnerstag folgt heute Hans Beimler.

Die DDR gab Kasernen und Kriegsschiffen seinen Namen, Bücher stilisierten ihn zum unerschütterlichen Kämpfer für die „gerechte Sache“. Wie wohl kaum ein anderer Kommunist wurde Hans Beimler schon kurz nach seinem Tod am 1. Dezember 1936 bei Madrid zielstrebig zur Symbolfigur des antifaschistischen Kampfes aufgebaut. Beimlers Lebensweg war für eine Legendenbildung geradezu prädestiniert: Teilnahme an der Novemberrevolution 1918, Mitglied der KPD seit 1919, Abgeordneter des bayerischen Landtages und des Reichstages in Berlin, schließlich seine spektakuläre Flucht aus dem Konzentrationslager Dachau 1933 in die Sowjetunion.

Der internationalen Öffentlichkeit war Beimler nicht zuletzt wegen seines Berichts über die vierwöchige, qualvolle Haftzeit (Titel: „Im Mörderlager von Dachau“) bekannt geworden. Nach Aufenthalten in Prag, Zürich und Paris wurde Beimler im Sommer 1936 auf Anordnung der Parteileitung nach Spanien geschickt. Dort beteiligte er sich in führender Position am Aufbau der Internationalen Brigaden, in der sich Kommunisten, Sozialdemokraten und undogmatische Linke aus aller Herren Länder zur Verteidigung der spanischen Republik gegen die Franco-Truppen zusammenfanden. Der 1895 in München geborene Hans Beimler war unter den führenden Mitgliedern der KPD eine Ausnahmeerscheinung.

Zeitzeugen schilderten ihn als sympathische und menschliche Persönlichkeit, die sich abgehoben haben soll vom weit verbreiteten Bild der engstirnigen Parteiapparatschiks. Sein gewaltsames Ende bei einem Frontbesuch am Stadtrand der spanischen Hauptstadt Madrid bleibt bis heute ein Rätsel. Die Version der KPD und später auch der SED, Beimler sei durch eine Kugel der Franco-Truppen getötet worden, wurde schon 1936 in Frage gestellt.

Nach seiner Beerdigung in Barcelona, an der 200.000 Menschen teilnahmen, tauchten Gerüchte auf, wonach Beimler möglicherweise durch einen Schuß aus den eigenen Reihen umgebracht worden war. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die stalinistischen Säuberungen bereits die Internationalen Brigaden erreicht. Linke „Abweichler“, Trotzkisten und Anarchisten wurden erbarmungslos durch die im Hinterland agierende moskautreue Geheimpolizei verfolgt, verschleppt und hingerichtet.

An einer umfassenden Aufklärung hatte die KPD offenbar kein Interesse: Eine enge Freundin von Hans Beimler aus den Züricher Tagen, die Klavierlehrerin Antonia Stern, wurde bereits im Sommer 1936 von den KPD-Kadern in Spanien schikaniert und behindert, als sie die näheren Umstände seines Todes unmittelbar vor Ort untersuchen wollte.

Beimlers Verhältnis zur Partei – so westliche Forschungsergebnisse – war kurz vor seinem Tode von Enttäuschung und Verbitterung geprägt. Vor allem die Entwicklung in der Sowjetunion hin zu einem despotischen Regime stand im Widerspruch zu seinen ursprünglichen Zielen. In den Strudel parteiinterner Verdächtigungen und Bespitzelungen war Beimler selbst schon kurz vor seiner Abreise nach Spanien geraten, als er wegen Nachlässigkeit und Unachtsamkeit von seiner Funktion innerhalb der „Roten Hilfe“ in der Schweiz enthoben wurde.

Die offizielle DDR-Geschichtsschreibung erwähnte die Vorgeschichte und die dubiosen Umstände seines Todes mit keinem Wort. Statt dessen wurde Hans Beimler umstandslos in die Ahnengalerie kommunistischer Widerstandskämpfer eingereiht, stiftete die DDR 1956 sogar eine „Hans-Beimler-Medaille“.

Bei der ersten Verleihung durch SED-Chef Walter Ulbricht kam es jedoch zum Eklat. Weil auch Antifaschisten ausgezeichnet wurden, die nie am Bürgerkrieg teilgenommen hatten, begleiteten die anwesenden Spanien-Kämpfer das offizielle Protokoll mit demonstrativem Schweigen. Severin Weiland