Courier greinend und fluchend, aber ohne Chance

■ Amerikanisches Endspiel bei den Australian Open: Sampras gewinnt im Halbfinale mit 6:3, 6:4, 6:4 gegen Courier, Martin schlägt Edberg mit 3:6, 7:6, 7:6, 7:6

Melbourne (dpa/taz) – Die US- Amerikaner Pete Sampras und Todd Martin haben das Endspiel der Australian Open erreicht. Im Halbfinale trieb der Weltranglisten-Erste Sampras seinen Landsmann Jim Courier mit einem überzeugenden 6:3, 6:4, 6:4 zur völligen Verzweiflung. Der ansonsten eher an einen Automaten erinnernde Weltranglisten-Dritte Courier war angesichts seiner Chancenlosigkeit so wütend, wie man ihn selten sieht. Sampras setzte ihm derart zu, daß er in seiner Verzweiflung sein Grundlinienspiel aufgab und statt dessen das Heil am Netz suchte. Als auch das nichts nutzte, regte er sich immer öfter über die Zuschauer und Linienrichter auf. So beschwerte er sich beim Schiedsrichter Rebeuh über eine Verwarnung wegen Zeitverzögerung derart massiv, daß er gleich noch eine wegen Beleidigung hinterherbekam. Und als ein mobiles Telefon auf der Tribüne klingelte, platzte ihm der Kragen. Ergebnis: eine 1.000-Dollar-Strafe wegen unsportlichen Verhaltens. Insgesamt brachte er es während des Turniers auf beachtliche 6.000 Dollar. Sampras blieb vom Brüllen und Fluchen seines Landsmannes unbeeindruckt, zeigte brillantes Tennis und ist auf dem besten Weg zum dritten Grand-Slam-Titel in Folge. „Ich wünschte, jeden Tag so zu spielen, aber das ist unmöglich“, meinte er.

Favoritenschreck Todd Martin zog durch ein 3:6, 7:6 (9:7), 7:6 (9:7), 7:6 (7:4) über Stefan Edberg, der in den letzten beiden Jahren stets das Finale gegen Courier verloren hatte, erstmals ins Endspiel eines Grand-Slam-Turniers ein. Martin meinte auf die Frage, ob es der größte Erfolg seiner Laufbahn sei: „Ich weiß es nicht genau. Aber ich bin total aufgeregt, also muß etwas Großes passiert sein.“

Martin ist nach noch nicht einmal zwei Jahren Tennis-Profi schon auf Platz 12 der Weltrangliste, doch niemand hatte ihn bislang so richtig zu Kenntnis genommen. Nahezu unbemerkt hat sich der 23jährige Amerikaner in den letzten Monaten vom vollbärtigen Nobody zum glattrasierten Finalisten der Australian Open gemausert. „Mehr darf ich jetzt nicht sagen“, flachste der Amerikaner, nachdem er sich ausgiebig über seine Familie geäußert hatte: „Wenn ich zuviel rede, bekomme ich nachher am Telefon Ärger mit meiner Mutter.“ Die hätte es ohnehin lieber gesehen, wenn ihr Sohn Lehrer und nicht Tennis-Profi geworden wäre. Und auch Martin selbst scheute lange Zeit den Schritt hinaus aus dem beschaulichen Städtchen Lansing in Michigan. Damals waren ihm Freunde und Feten weitaus wichtiger als der Sport. Im Tennis erreichte er auf College- Ebene allenfalls gehobenen Durchschnitt.

Im Sommer 1992 wurde er Profi. Noch zum Jahresende schaffte er den Sprung in die Top 100, und dann ging es schnell aufwärts. Er gewann das Turnier in Coral Springs und schlug im letzten Jahr fast die gesamte Tennis-Elite. In Melbourne feiert er nun den größten Erfolg, der ihn in der Weltrangliste in die Top ten bringen wird. Und er wird fortan nicht mehr so unbeachtet sein wie zuvor.