Kommentar: Rettender Krach
■ FDP sorgt für offenes Mißtrauensvotum
Politik ist schon ein seltsames Geschäft. Da wird ein mächtiger Streit vom Zaum gebrochen, daß es in der Koalition nur so wackelt. Und am Ende bewirkt womöglich genau dies, daß die Koalition noch einmal glimpflich über die Runden kommt. Mit ihrer Forderung, dem Staatsrat im Bauressort, Jürgen Lüthge, per Koalitionsbeschluß eine Bewerbung für den Chefposten der Gewoba zu verbieten, hat sie den berechtigten Kampf gegen Pöstchenschieberei und Filz zu einem völlig absurden Berufsverbot für Berufspolitiker gemacht. Kein Wunder, daß die SPD sich öffentlich erregt.
Doch neben der Empörung liefert der FDP-Vorstoß der SPD-Fraktion jetzt auch die dankbare Begründung dafür, über den Mißtrauensantrag gegen Bausenatorin Lemke-Schulte lieber nicht geheim, sondern offen abzustimmen. Wer sich mit einem Berufsverbot für SPD- Politiker gegen die Koalition stellen will, der soll das öffentlich und nicht in der stillen Wahlkabine tun, so die Begründung der Parteichefin.
Erlöst wäre damit die SPD auch von der Zitterpartie, wieviele ihrer eigenen Genossen wohl im Geheimen gegen die Bausenatorin stimmen würden. Offen traut es sich garantiert niemand. Und auch der FDP wäre am Ende gedient, denn zum Aufkündigen der Koalition wollte sie den „Fall Lüthge“ doch gar nicht benutzen.
Dirk Asendorpf
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