Roter Filz im neuen Dress?

■ Basiswahl des Bürgermeister-Kandidaten, Begrenzung der Amtszeit von Senatoren, Mitgliederentscheide: SPD bastelt an Parteireform Von Uli Exner

Die Überschrift verspricht Großes: „Die Hamburger Sozialdemokraten Offen - Modern - Zukunftsorientiert: Beschlüsse zur Parteireform.“ So steht's über dem Entwurf eines Leitantrags für den nächsten SPD-Parteitag, den der Landesvorstand am Freitag beschließen soll. Die wichtigsten Reformprojekte in dem der taz vorliegenden Papier: Mitgliederentscheide, Basiswahl des Bürgermeisterkandidaten sowie von Wahlkreis-Direktkandidaten, Begrenzung der Amtszeit von Senatoren.

Wichtigstes nicht darin enthaltenes Ziel: Entfilzung. Die Unvereinbarkeit von politischem Mandat und Tätigkeit im Öffentlichen Dienst fehlt in dem 11-seitigen Entwurf, der vom „Arbeitskreis Parteireform - SPD 2000“ vorgelegt wurde.

Bescheidener Anspruch der Satzungs-Änderung: „Die Hamburger SPD wird durch diese Reformschritte als aktive und in der Verantwortung stehende politische Kraft einer Metropole attraktiver werden – sowohl für ihre Mitglieder als auch für die Bürger.“

Zu diesem hohen Zweck hat sich der Arbeitskreis unter Vorsitz der inzwischen zur Sozialsenatorin aufgestiegenen stellvertretenden Parteichefin Helgrit Fischer-Menzel zunächst einmal in die Beschlüsse des Wiesbadener Parteitags der Bundes-SPD eingelesen und dort den Mitgliederentscheid als Ausweis für Transparenz und innerparteiliche Demokratie gefunden. Auf Wunsch von 10 Prozent der Sozi-Mitgliedschaft darf die Parteibasis künftig Entscheidungen des Landesvorstands „ändern, aufheben oder einen Beschluß an seiner Stelle fassen.“ Für Personalentscheidungen gilt dieser neue Satzungspassus allerdings nicht.

Nicht einigen konnte sich der Arbeitskreis auf die Modalitäten der Urwahl des Bürgermeisterkandidaten. Zwei Alternativen stehen zur Auswahl: 1. Die Bestimmung des Kandidaten kann durch Urwahl erfolgen, wenn die Parteitagsdelegierten oder drei Kreisvorstände oder zehn Prozent der Mitglieder es wollen. Oder 2. ... erfolgt auf jeden Fall durch Urwahl.

So richtig spannend wird das Reformwerk aber erst bei Punkt 4, „Grundsätze für Wahlen“. Während sich der Arbeitskreis nur auf die Wabbelformulierung „Ziel muß es sein, Ämterhäufungen, Interessenkollisionen sowie Überlastungen zu verhindern“ einigen konnte, möchte der reformfreudige Arbeitskreis sozialdemokratischer Juristen (ASJ) an dieser Stelle eine echte Anti-Filz-Formel durchsetzen: „Abgeordnete dürfen nicht Angehörige des öffentlichen Dienstes oder Inhaber leitender Funktionen in einem öffentlichen Unternehmen sein.“

Ein Satz, der zwar exakt den Vorschlägen der von der SPD gefeierten Enquete-Kommission zur Parlamentsreform entspricht, dessen Umsetzung aber zahlreichen SPD-Größen die Parlaments-Zukunft verbauen würde. Und noch ein offener Punkt: Die Redefolge auf Parteitagen. Ein Männlein, ein Weiblein, ganz geschlechtergerecht? Oder doch lieber wie gehabt?

Der Arbeitskreis vermerkt zu dieser Änderungspassage: „strittig“.