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Unterm Strich

Auch an Thomas Bernhards fünftem Todestag am 12. Februar ist der „Bannstrahl“, den dieser gegen seine verhaßten Landsleute gerichtet hat, noch immer in Kraft. „Nur tote Österreicher sind große Österreicher“, befand er und verfügte testamentarisch, daß österreichische Theater keine Neuinszenierungen seiner Stücke herausbringen dürfen. Bis zum Ende der Urheberrechtsschutzfrist im Jahre 2059 werden sich die Anstrengungen, das Verbot zu umgehen oder wenigstens abzumildern, voraussichtlich mindestens vervierundsechzigfachen. Burgtheater-Direktionsmitglied Hermann Beil empfindet die Verfügung natürlich „als eine Tragödie“, die „das Werk eines der bedeutendsten Autoren unseres Jahrhunderts beschädigt“. Vom Bannstrahl unberührt sind allerdings jene Stücke des zu Lebzeiten eher Vielgeschmähten, die vor Inkrafttreten des Testaments schon gezeigt wurden. So können (und werden) zu Ehren und Gedenken immerhin vier „Trumpfkarten“ ausgespielt: „Heldenplatz“, „Der deutsche Mittagstisch“, „Ritter, Dene, Voss“ und „Der Theatermacher“.

Bilderraub! Aus der Hannoveraner Ausstellung „Picasso – Der artistische Prozeß“ ist am Freitag eine Lithographie gestohlen worden. Man fragt sich ja, wie eine beliebiger „Unbekannter“, wie Verbrecher, Diebe und Lumpen gerne neutral genannt werden, einfach in eine gut besuchte Ausstellung spazieren und ein Bild aus seinem Rahmen nehmen kann – auch wenn die Wärter gerade Mittag essen. Das Blatt „L'atelier de vieux peintre“ ist einer von drei sogenannten Künstler-Abzügen, die meist unsigniert sind und als besonders gut gelungene Drucke gelten.

Der Berliner Aufbau-Verlag hat dem Hamburger Rowohlt-Verlag wegen „erheblicher Unregelmäßigkeiten“ und „vorsätzlicher Verletzung der Lizenzrechte“ alle Rechte an der Herausgabe der Werke von Hans Fallada gekündigt und ihm den Vertrieb von neun Titeln untersagt. Der Aufbau-Verlag hat mit Jahresbeginn die Weltrechte erworben. Davon unberührt, argumentiert Rowohlt, der seit mehr als 50 Jahren die Werke seines ehemaligen Lektors verlegt, sei aber die vertragsmäßig korrekte Vertriebserlaubnis für die von Rowohlt lieferbaren Titel „im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“. Der Aufbau-Verlag behauptet nun „groteskerweise“, so Rowohlt-Verlagsleiter Michael Naumann, daß die fünf neuen Bundesländer in diesem Falle nicht dem Gebiet der BRD zuzurechnen seien. Der Aufbau-Rechtsvertreter beruft sich dabei laut dpa überraschenderweise auf eine Entscheidung des Reichsgerichts im Zusammenhang mit dem deutsch-französischen Krieg 1871. Seinerzeit habe es ja Rechtsprobleme bei der Einordnung des von den Deutschen eroberten Gebiets Elsaß-Lothringen gegeben. Uns wundert schon gar nichts mehr, und auch der Rowohlt-Verlag will diesen „Faschingsscherz“ einfach ignorieren.

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