: Eigenlob und Tadel für Clintons Haushalt
■ Proteste aus beiden Parteien / Optimistische Wirtschaftsdaten zugrunde gelegt
Berlin/Washington (taz/wps) – Es sei ein „ehrlicher Haushalt“, so warb der Chef des Hauhaltsbüros im Weißen Haus, Leon Panetta, für den Budgetentwurf Bill Clintons. Der, in Clintons Worten, „Haushalt mit den härtesten Ausgabenkürzungen, den der Kongreß je gesehen hat“ basiere nicht auf rosigen Prognosen, und es gebe keine versteckten Posten.
Das für 1995 geplante Defizit soll mit 176 Milliarden Dollar das niedrigste seit 1985 sein. 24 Milliarden Dollar will der demokratische Präsident einsparen, hauptsächlich bei der Rüstung und bei sozialen Ausgaben. Clinton verfolgt über den Defizitabbau hinaus damit das Ziel, Geld für seine eigenen Prioritäten freizubekommen. Gut acht Milliarden Dollar will er an anderer Stelle zusätzlich investieren, vor allem in die berufliche Bildung, insbesondere von Arbeitslosen, in die Forschungsförderung und nebenbei auch in die Bekämpfung der Kriminalität.
„Es ist ein sehr zukunftsorientierter Haushalt“ lobt ein Mitarbeiter des Präsidenten die Umschichtungen. Die Einsparungen seien vielleicht hart, aber nötig, damit die benachteiligten Gruppen in der Gesellschaft mittelfristig eine Chance erhielten. Durch Clintons Ausgabenprogramme soll die Arbeitslosigkeit vermindert und die Wirtschaft wettbewerbsfähiger werden. Optimistisch nehmen die Planer im Weißen Haus an, die US-Wirtschaft werde bis 1999 um 2,5 bis 3 Prozent wachsen, die Arbeitslosenquote werde um ein Prozent auf 5,5 Prozent sinken, und die Zinsen werden höchstens auf 3,5 Prozent steigen (von derzeit 3,25 Prozent).
Clintons konservative Kritiker werfen ihm nun vor, daß die Schnitte nicht deutlich genug ausfielen. Insgesamt, also unter Einbezug der feststehenden Ausgaben für Zinszahlungen, Gesundheitssystem und Sozialfürsorge, steigen die Ausgaben nämlich trotz aller Sparbemühungen weiter: um gut 30 Milliarden Dollar im kommenden Haushaltsjahr. In dieser Situation sind aus konservativer Sicht zusätzliche Ausgaben verwerflich, zumal Industrieförderung durch den Staat in den USA für viele etwas Anrüchiges, nachgerade Kommunistisches, hat.
Der härteste Widerstand kommt jedoch nicht von den oppositionellen Republikanern, sondern von Clintons Parteigenossen im Kongreß. Sie werfen ihm vor, er spare bei den Schwächsten, den Sozialhilfeempfängern. Zudem sei sein Ausgabenprogramm eher marginal: Es umfaßt nur knapp ein Prozent des Gesamthaushalts.
Und ob der Haushalt so ehrlich sei, wie Clintons Mannen behaupten, wird von allen Seiten angezweifelt. Die Wachstumsprognosen seien unrealistisch, und es sei nicht wahr, daß außer der Erhöhung der Zigarettensteuer keine zusätzlichen Belastungen auf die US-Bürger zukämen.
„Das Problem ist nicht so sehr, was in dem Entwurf steht, sondern das, was nicht drinsteht“, so Senator Pete Domenici, führender Republikaner im Senatshaushaltsausschuß. Die geplante Gesundheitsreform, die für alle Bürger Beiträge zu einer staatlichen Krankenkasse vorsieht, führe beispielsweise zu steuerähnlichen Mehrbelastungen. Daß die Kongreßmitglieder, die bis Mitte April einen Rahmenhaushalt verabschieden sollen, Clintons Entwurf so durchgehen lassen werden, ist angesichts der heftigen Kritik von beiden Parteien, eher unwahrscheinlich. Nicola Liebert
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