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Im Olympiastadion werden die Toten begraben

■ In Lillehammer brennt das olympische Feuer, in Sarajevo kommen die Totengräber

Sarajevo (AFP) – Wenn am Samstag das olympische Feuer in Lillehammer ankommt, werden im Zetra-Stadion von Sarajevo wieder die Totengräber arbeiten. Nur wenige Meter von dem futuristischen Eisstadion entfernt, wo am 8. Februar 1984 das olympische Feuer in der bosnischen Hauptstadt entzündet wurde, stehen Holzkreuze in Reih und Glied, wo früher Fußballmannschaften Aufstellung nahmen. In den Sportstätten Sarajevos ist schon lange der Tod der Zeremonienmeister. Der moderne Bau des Eisstadions ist nur noch eine schwarzgebrannte, röhrenförmige Ruine. Seit vergangenem Juli sind in der Anlage französische UN-Soldaten stationiert. Auf dem Parkplatz stehen gepanzerte Fahrzeuge, rundherum sind Erdwälle aufgeschüttet. Am anderen Ende der Stadt liegen zwei Viertel, in denen kaum noch ein Stein auf dem anderen liegt. Rauchschwarze Häuserruinen, Gehwege und Straßen mit tiefen Kratern und ausgehobenen Gräben: Hier liegen Mojmilo, das olympische Dorf, und Dobrinja, wo vor zehn Jahren die Sportjournalisten im internationalen Pressezentrum arbeiteten – von serbischen Verbänden in Schutt und Asche geschossen. Nur eine Sportanlage blieb verschont. An der Skistation Jahorina sausen serbische Kämpfer an ihren freien Tagen die Abfahrten hinunter, als wäre nichts gewesen. Auf drei Pisten übt die „Nationalmannschaft“ der bosnischen Serben den Slalom. „Lillehammer haben wir verpaßt, aber bei den nächsten Winterspielen werden wir dabeisein“, sagt der „Trainer“ Bojan Bulajic.

Die, die in Lillehammer dabei sind, erleben ein Wintermärchen. Es hat geschneit, und zwar so viel, daß der Schnee nachts auf Lastwagen weggekarrt wird. In Lillehammer, der mit 23.000 Einwohnern kleinsten Stadt, die sich je an die Austragung der Olympiade gewagt hat, ist die Idylle noch perfekt. Zum Auftakt der Winterolympiade 1994 siehe Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10

die Kosten auf Seite 7 und Sport Seite 20

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