piwik no script img

Schwarzlicht vertreibt Junkies

■ Bulettenbrater entfernt Drogenabhängige aus den Toiletten

Berlin/München (taz) – Bei den Menschen gehört es zum täglichen Leben. Die einen brauchen es zum Pinkeln, die anderen, um sich dort mit Nadel und Stoff den Schuß zu setzen. Gemeint ist das stille Örtchen, kurz Klo genannt. Da sie meist an den großen öffentlichen Plätzen einer Stadt zu finden sind, dürfen sich insbesondere die Toiletten der Fast-food-Ketten und größeren Kneipen einer wachsenden Besucherzahl erfreuen. Schließlich sind sie lange geöffnet, es herrscht immer ein bißchen Wirbel, und in der Kabine haben Junkies Ruhe und genügend Licht, um den passenden Einstich zu finden. Doch damit ist jetzt Schluß.

Neben vielen anderen Gastronomiebetrieben hat auch der Bulettenbrater Mc Donald's in einigen deutschen Filialen die Röhren im Klo gewechselt. Dort kommt nun Schwarzlicht von der Decke. Schwarzlicht bewirkt, daß die Haut ganz weiß erscheint. Zu weiß für die Junkies, denn sie können bei diesem Licht ihre Adern nicht mehr erkennen. Das genau ist auch das Ziel der Aktion: Mc Donald's will die Drogenabhängigen verscheuchen. „Die sanitären Anlagen unserer Restaurants sind in den meisten Fällen der Öffentlichkeit einfach zugänglich. Wir wollen die Drogenabhängigen von diesen Plätzen fernhalten, da uns – und natürlich auch die sanitären Anlagen – viele junge Familien mit Kindern besuchen“, sagt die Münchner Mc-Donald's-Pressesprecherin Ursula Beck.

Allerdings kann Mc Donald's diese Idee nicht für sich verbuchen. Daß drei Filialen in München Schwarzlicht bekommen, ist dem Landeskriminalamt (LKA) in der bayerischen Landeshauptstadt zu verdanken. Die Beamten beraten Gastronomen in Sachen Prävention vor zu vielen Drogenabhängigen und raten zum Röhrenwechsel. Ob Erfolge verbucht werden können, ist unklar, denn wie ein LKA-Sprecher mitteilte, führe man darüber keine Statistik. Wenn man allerdings nach der Zahl der Auffunde von Drogenabhängigen in den Restaurants gehe, sei durchaus eine Beruhigung festzustellen.

Während in München im Sommer 1993 die dritte Mc-Donald's- Filiale umgerüstet wurde, gibt es im Bereich Berlin und neue Bundesländer nur einmal Schwarzlicht: am Berliner Zoo. Genaue Zahlen über die Existenz weiterer umgerüsteter Restaurants existieren allerdings nicht. Gleiches gilt für die Berater. Weder das LKA noch das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden wissen von weiteren Gastronomen-Beratungen. Nutzen von den neuen Röhren haben wohl nur die Schankwirte. Auf billige Art und Weise können sie die unerwünschten Gäste loswerden. Für die Junkies sieht es dagegen eher duster aus. Statt ihnen zu helfen, werden sie lediglich einmal mehr verscheucht.

Diese Tatsache ärgert auch den Leiter der Berliner Drogenberatungsstelle Confamilia, Martin Buchweitz: „Das kann doch einfach keinen Sinn machen, den Gastronomen auch noch Tips zu geben, wie sie die Drogenabhängigen am besten loswerden. Das hört sich ja fast so an wie Präventivmaßnahmen gegen Einbrecher.“ Beate Bäumer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen