: Je später der Abend ...
■ ..desto billiger die Bahn / Erste "Erfahrungen" mit dem Nachtticket
„Wir mußten für knapp zwei Stunden einen zusätzlichen Schalter öffnen“, gibt sich der Bahnbeamte am Fahrkartenverkauf der Bahn etwas überrascht. „Wahrscheinlich werden wir demnächst häufiger mal Überstunden machen müssen. Aber wenn wir damit die Bahn attraktiver machen und unseren Arbeitsplatz sichern können, tun wir das gern.“ Das Nachtticket der Bahn ist da. „Freie Fahrt ohne Stau und Steuern“ verspricht die Bahn seit Montag und die BremerInnen fahren drauf ab.
47 "Guten-Abend-Tickets" setzten die Bremer Bundesbahner gleich am ersten Abend ab. Wie der Name verrät, ist das Angebot nur für die "späten Gäste"zwischen 19.00 und 2.00 Uhr gedacht. „Die Spätzüge sollen besser ausgelastet werden, aber vor allem sollen wohl die Leute 'mal Bahn schnuppern, die bisher ohne uns unterwegs waren“, rätselt der freundliche Bahnbeamte über den Hintergrund des Angebots. Am ersten Abend sei „gut die Hälfte“ der Tickets an Menschen verkauft worden, die „einfach mal durch Deutschland fahren“ wollten. Am Informationsbedürfnis der Ticketkäufer habe der Beamte gemerkt, daß viele Leute "die Bahn" kaum kennen.
Ob mit oder ohne Bahncard, das "Guten-Abend-Ticket" spart Geld. 49 Mark (ICE: 59 Mark) kostet die Fahrt in der zweiten Klasse durch die nächtliche Republik, egal ob nach Heidelberg, Leipzig oder Düsseldorf. Bis nach Frankfurt/Main beispielsweise ist die Fahrt um 85 Mark günstiger geworden. Allerdings hat die Bahn ein paar Prellböcke installiert: Die Fahrkarte für die erste und die zweite Klasse kann zwar kostenlos reserviert werden, aber sie ist nur am vorher festgelegten Reisetag gültig. Wer die Fahrt kurzfristig verschiebt, muß sich ein neues Ticket kaufen und bekommt das alte nur zur Hälfte rückvergütet.
Zudem kann derFahrschein nur im 30 Kilometer-Umkreis des Abfahrbahnhofs gekauft werden. „Damit soll der Aktionsradius eingeschränkt werden“, erklärt der Schalterbeamte. Weil beispielsweise der Spätzug nach München schon um 18.17 Uhr in Bremen abfährt, wäre eine Fahrt über das Nachtticket nur dann möglich, wenn man bis Hannover den Normaltarif bezahlt und dort um 19.28 Uhr über das Billigticket weiterfährt. Geht also nicht. Oder doch? Der Bundesbahnbeamte weiß Rat: Das Ticket werde auch im Reisebüro verkauft. Und ob man das dort mit den 30 Kilometer-Bestimmungen so genau nehme, da ist er sich nicht so sicher. Außerdem will die Bahn ihren KundInnen verstärkt nützliche Tips geben, wie man über „ganz legalen Tricks“ den Fahrpreis drücken kann. Ralf Bode
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