Pipi trinken und Ernie-Poster

■ Die Bremer Band „Die Auch“ neigt zu Gemeinheiten, z.B. heute in der Buchtstraße

So ganz passen die drei Gestalten nicht in das Bild des schicken Viertel-Cafés. Henning, Lumpi und Frank schimpfen am Tischchen über den zu süßen Kakao und darüber, daß die in der letzten Nacht selbst verkleisterten Plakate schon wieder überklebt sind. Das einzige, was ihren Gefallen findet, ist ein Postkärtchen, welches sie mit anerkennendem Nicken herumreichen. Es zeigt vier Ernies vor einer Milka-Alpenlandschaft in Schwarzweiß, und es beweist, wie eifrig die Band Die Auch via „Unicards“ versucht, ihren lokalen Bekanntheitsgrad zu steigern.

An mangelnder Produktivität kann es nicht liegen, daß Bremens schwerverdauliche Comic-Fusion-Kapelle noch auf so wenig Resonanz stößt. Die Auch schütteln pro Jahr 35 Songs aus dem Ärmel, haben seit dem November 1992 über zwanzig Mal in der ganzen Republik gespielt und das Schaffen auf zwei Demotapes festgehalten.

Die erste LP hoffen sie in zwei Monaten im Kasten zu haben. Dennoch tun ungewöhnliche PR-Maßnahmen not.

„Unser Problem ist, daß wir zu keiner festen Szene gehören,“ sagt Schlagzeuger Henning. Der Preis der Existenz jenseits aller Schubladen: Während etwa in der Hardcore-Szene eine Band nur wie jemand anders klingen muß, um mit Vorschlußlorbeeren und Konzertwünschen überhäuft zu werden, fehlt der Band Die Auch die Subkultur, die sich für die Bremer verantwortlich fühlt.

Das liegt nicht nur am infantilen Gebaren des Trios, das mit Songtiteln wie „Pipi trinken“ und mit Konzertplakaten voller Sesam-Ernies die todernsten Szene-Aktivisten verunsichert. Den Hardcoreleuten sind sie außerdem zu verspielt, und den Jazzern wird zuviel geknüppelt.

Statt mit Lärm zu schocken, versucht sich das Trio in filigranen, sanft verzerrten Gemeinheiten jenseits aller Genre-Spielregeln. Wave, Pop, Jazz, Core – nichts ist ihnen heilig. „Sich Freiräume erspielen“ nennt das Frank, meist mit vier oder sechs Saiten beschäftigt.

Die Instrumente zu tauschen, gehört bei Die Auch sowieso zum guten Ton. Frank: “Wenn ich als Ungelernter Schlagzeug spiele, kommt ja etwas anderes dabei raus, als wenn's ein Profi macht.“ Das gewollte Dilettantentum schützt vor bierernstem Gemucke, sorgt für ungewöhnliche Originalität. Die ist vonnöten, um dem hehren Ziel des Trios nahzukommen – den Wert der Musik an sich für den Einzelnen umzudefinieren.

Sänger Lumpi:“Die Leute wollen einfach unterhalten werden. Vieleicht gelingt es, mit dem was wir machen, Leute soweit zu verunsichern, daß sie das in Frage stellen.“ Lars Reppesgaard

Die Auch probieren das heute ab 21 Uhr in der Reihe „New Tips“ im Naturfreundehaus, Buchtstraße