: „Offensichtlich unbegründet“
■ Libanesin soll abgeschoben werden / Ihr Mann wird im Libanon politisch verfolgt / Behörden finden das unwesentlich
Nur noch vier Tage, dann muß die 29jährige Libanesin Layla mit ihrem neun Monate alten Kind zurück in ihre Heimat, aus der sie im April vorigen Jahres hochschwanger geflohen ist. Ihr Mann war wegen seiner Arbeit gegen die Hisbollah schon mehrmals verhaftet worden. Nach seiner letzten Gefangennahme gelang ihm die Flucht. Wo er ist, weiß Layla nicht.
Um der Miliz zu entgehen, die sie mit Hausdurchsuchungen und Drohungen terrorisierte, flieht Layla, bereits im achten Monat schwanger, nach Deutschland. In Itzehoe beantragt sie Asyl. Schon nach zehn Tagen erhält sie die Vorladung zur Anhörung. Ihre Bitte um Verschiebung des Termins wegen ihrer Schwangerschaft findet kein Gehör. „Ich war überhaupt nicht vorbereitet“, erzählt sie, „das konnte nur schlecht verlaufen.“ Die behördliche Quittung läßt nicht lange auf sich warten: Kurz vor der Geburt des Kindes wird ihr Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Eine staatliche Verfolgung, so die Behörde, finde im Libanon nicht statt. Für sie und das Kind bestehe keinerlei Gefahr, selbst wenn ihr Mann tatsächlich politisch verfolgt werde. Nur durch das Drängen eines Arztes darf sie ihr Kind noch in Itzehoe zur Welt bringen.
Nach der Geburt werden ihr drei Monate Duldung in einer Pinneberger Flüchtlingsunterkunft gewährt, wo sie in einem ungeheizten, feuchten Raum untergebracht wird und sich mit ihrem Sohn ein Bett teilen muß. Als ihr Kind krank wird und wochenlang Durchfall hat, wird ihre Aufenthaltserlaubnis noch einmal um drei Monate verlängert. Doch schon nach ein paar Wochen bestellt man sie ins Gesundheitsamt, wo ihr die diensthabende Amtsärztin die „Reisefähigkeit“ des Kindes bescheinigt. Kurz darauf erhält sie die endgültige Ausreiseaufforderung zum 22. Februar.
„Vor allem für Angehörige politisch Verfolgter“, so eine Mitarbeiterin des Antirassistischen Telefons, „ist es praktisch unmöglich, als verfolgt anerkannt zu werden“. Frauen und Kinder, berichtet auch die Internationale Flüchtlingsbewegung (IRM), hätten nach Ansicht der deutschen Behörden, überhaupt keine Veranlassung, ihr Land zu verlassen. Das Türkische Volkshaus, das Antirassistische Telefon und die IRM haben sich der jungen Libanesin angenommen. „Auf gesetzlicher Ebene sind wir blockiert“, resümiert eine Sprecherin des Türkischen Volkshauses den Stand der Dinge, „deswegen werden wir eine politische Sache daraus machen.“ Ruth Hoffmann
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