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■ Bonn-apartNoch ein Rücktritt

Warum mußte Gisbert Brovot zurücktreten? Weil der Fortschritt eine Schnecke ist und dazu noch Umwege macht. Der Chef des Kölner Karnevals warf diese Woche, nach einer erfolgreichen Session, das Handtuch und will nicht wieder für das Amt des Festkomiteepräsidenten kandidieren. Dem ins Rheinland zugezogenen Preußen scheinen die Gründe auf der Hand zu liegen, denn Gisbert Brovot ist genau so, wie etwa die Norddeutschen sich den Karneval vorstellen: stocksteif, behäbig, heiter. Der Brovot, wie der Oberjeck in einem boshaften Stück des alternativ-karnevalistischen Kölner „Stunk“ düster genannt wird, könnte zum Beispiel umstandslos in die Riege der Bonner Politiker eingereiht werden. Doch nach mehrjähriger Anwesenheit im Rheinland weiß auch der Außenstehende, daß das Geheimnis des „Jeck-Seins“ sich über die Begriffe Witz und Esprit nur mangelhaft erschließt – kein Karnevalspräsident stürzt, weil's daran mangelt.

Wenn Brovots Stellvertreter, Zugleiter und Vereinsvorsitzende die wenig unterhaltsamen Sitzungsauftritte ihres obersten Jecken beklagen, dann heucheln sie. Die Überlebensfähigkeit verkrusteter Strukturen habe er unterschätzt, so erklärt Brovot seinen Rückzug – übrigens will er nunmehr zum „Ursprung des Karnevals zurückkehren“. Und tatsächlich: Brovot ist als Modernisierer gescheitert. Das Festkomitee wurde unter seiner Herrschaft für Frauen geöffnet, dem mangelnden Nachwuchs galt seine Sorge, und Gisbert Brovot wagte sich in die Höhle des Löwen. Damit aber hatte er zuviel gewagt.

Brovot nämlich hat in dieser Karnevalssaison eine „Stunk“- Sitzung besucht. Wo wäre der Kölner Karneval heute ohne die Erfrischungskur von zehn Jahren Stunk? Auch hier gilt: wenn das Alternative sich etabliert, dann geht es in den Normalbestand der Gesellschaft über. Stunk ist Teil des Kölner Karnevals.

Nur nicht für das Festkomitee. Vielleicht hätte es noch hingehen mögen, wenn Brovot den „Stunk“ als Privatmann besucht hätte. Aber der Präsident hatte sich durch das Tragen seiner offiziellen Narrenkappe ausdrücklich als repräsentativer Besucher ausgewiesen – und wurde damit unhaltbar.

Vom Stunk-Präsidenten Jürgen Becker stammt der Ausspruch: „Hier in Nordrhein- Westfalen leben Rheinländer und Westfalen zusammen. Das ist furchtbar. Aber es geht.“ Ganz in diesem Geiste hat „Stunk“ dem Gestrauchelten Asyl angeboten. Zu hoffen bleibt, daß die Geste überflüssig ist.

Denn nun, nach dem Rücktritt des Brovot, heißt es im allenthalben: Das Verhältnis zu „Stunk“ müsse endlich entspannt werden. Tissy Bruns

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